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#61 Ein Portal in der Sternwarte (19. Lamashan, 4713 AZ)

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Jakob

Jakob

Eine Erzählung von Faquarl

1. Dämonen in der Himmelswacht
Ermattet von den Strapazen der letzten Stunden lasse ich mich in einen überdimensionierten Sessel fallen. Staub wirbelt auf. Das graue Leder ist kalt und von der starken Beanspruchung glatt gerieben. Welche Kreatur wohl einst für dieses Möbelstück herhalten musste? Während ich die Bewegungen der Planeten unter der Kuppel verfolge, drehen sich meine Gedanken um Narlgaard und die Bürger der Stadt. Sie sind Vordakai und seinen Schergen nun schutzlos ausgeliefert. Ich bin mir darüber im Klaren, dass wir rein gar nichts für sie tun können. In keinem denkbaren Szenario wird ein erneuter Versuch, sich dem Zyklopenleichnam zu stellen, von Erfolg gekrönt sein. Rivien ist verloren. Nun geht es um mehr. Brevoy wird fallen, wenn die Armee von Untoten hier einfällt und es Vordakai gelingt die Schutzvorkehrungen der Himmelswacht zu überwinden. Wenn die anderen Adelshäuser sich weiterhin hinter ihren Mauern wegducken, werden sie, eines nach dem anderen, der Herrschaft der Zyklopen unterworfen. Wir müssen herausfinden wie Vordakai die Himmelswacht zu seinen Zwecken gebrauchen kann, um seine Pläne zu durchkreuzen. Doch ich kann keinen klaren Gedanken fassen, mein Geist gleitet immer wieder ab. Nachdem ich einige Male erschrocken hochgeschreckt und vergeblich versucht habe mich zu fokussieren, mache ich es mir auf dem ausladenden Sessel bequem und gebe ich mich der Trance hin.

Doch Ruhe soll ich nicht finden. Die hohe Stimme von Bartholomäus Pfote lässt mich hochschrecken. „Oh, wie vornehm! Mit wem habe ich das Vergnügen?“ Theatralisch tief verbeugt er sich vor Elanna. Diese kann ihren Unmut über die Neuankömmlinge nicht gänzlich verbergen. Sie hatte wohl nicht mit der gesamten Führungsriege der Rivas gerechnet. Elanna reicht ihm etwas ungeschickt eine Hand zur Begrüßung. Der kleine anthropomorphe Kater stupst diese mit seiner Pfote an. Eskel, der seinen Kompagnon offenkundig an diesem Ort in Sicherheit wissen wollte, wirft mir einen Gruß zu. Dann gleite ich wieder in meinen Dämmerzustand. Wenig später werde ich vom einem enthusiastischen Moraven geweckt. Er will irgendetwas Phänomenales entdeckt zu haben. Die Begeisterung des Barden springt dieses Mal jedoch nicht über. Sollte es tatsächlich etwas von Bedeutung sein, werde ich noch früh genug davon erfahren. Gefühlt wenige Augenblicke später werde ich abermals wachgerüttelt. Gwin steht auf dem Sessel und stupst mich mit ihrem Fuß an. Vor dem Hintergrund der riesigen Armlehne erscheint die Halblingsfrau wie eine Miniaturgestalt. Wie soll ich meine geistigen Kräfte so sammeln? Verärgert will ich sie zurechtweisen, da zischt sie, wirft mir einen strengen Blick zu und deutet mit einer schnellen Geste an Still zu sein. Ohne ein Geräusch zu verursachen springt sie wieder in den Raum. Erschrocken richte ich mich auf und lausche.

Das Geräusch klackernder Schritte wird von den schmalen Gängen hin und her geworfen. Aus dem Nichts erscheint Moraven und verschließt die Tür, noch bevor Gwin sie erreicht. Diese legt ihre Hände an das eisenbeschlagene Eichenholz, als blicke sie durch eine Glasscheibe. Mittlerweile steht auch Bartholomäus Raum, in den Händen allerlei skurrile alchemistische Gegenstände, die er vermutlich in den Räumen der Himmelswacht aufgetrieben hat. Abermals gibt Gwin uns zu verstehen, dass wir uns leise verhalten sollen, doch just in diesem Moment eilt Alexander mit schweren Schritten und scheppernder Rüstung in die Halle. Gwin verdreht die Augen und späht erneut mit Hilfe ihrer magischen Handschuhe durch die Tür. „Ich kann etwas Weißes erkennen“, flüstert sie. „Eine Frau! Sie trägt lange Gewänder.“ Ruckartig wendet sich Gwin Elanna zu. „Sind noch mehr Personen in der Himmelswacht, von denen wir nichts wissen?“ Erschrocken schüttelt die Angesprochene heftig den Kopf. Es vergehen einige lange Sekunden, in denen wir uns ratlos ansehen und Elanna nervös an ihren Haaren nestelt. Dann klopft es einige Male an der Tür. Die Halblingsfrau weicht auf leisen Sohlen zurück und legt einen Pfeil in die Sehne an. „Ist sie allein?“, will Alexander wissen und Gwin bejaht dies stumm. Der Legionär zuckt mit den Schultern. Er scheint die Aufregung, um den Neuankömmling nicht recht nachvollziehen zu können. Nachdem ich einen Blick in die Runde geworfen habe, öffne ich die Tür mit magischer Energie aus einiger Entfernung. Dahinter kommt eine Frau zum Vorschein, deren schneeweiße Haut vermutlich noch nie einen Sonnenstrahl gesehen hat. Auch das lange Haar ist schlohweiß und selbst ihre Augen glühen hell. Die edlen langen Gewänder schleifen über den Boden, als sie eintritt. In der Hand hält sie einen von Silber eingefassten Spiegel. „Seid gegrüßt.“ Ihre helle Stimme kling alles andere als menschlich. „Mein Name ist Melisa. Es freut mich eure Bekanntschaft zu machen.“ Dies unterstreicht sie mit einem gekünstelten Lächeln.

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Zu diesem Zeitpunkt habe ich die sie umgebende Illusionsaura bereits wahrgenommen. Diese Kreatur ist nicht, wer sie zu sein vorgibt. Während Moraven versucht sie mit einigen wohlklingenden Akkorden seiner Laute in seinen Bann zu schlagen, schließe ich meine Augen und trage mir eine Salbe auf meine Lieder auf. Als ich sie wieder öffne sehe ich riesige hummerartige Greifer vor mir. Ich lasse meinen Blick den massigen Körper emporgleiten und muss dafür meinen Kopf weit in den Nacken nehmen. Die Gestalt vor uns steht gebückt im Raum, um nicht gegen die in der Kuppel schwebenden Himmelskörper zu stoßen. Ihre Arme enden in Greifzangen und Hörner entspringen dem etwas zu klein geratenen Kopf, welcher ohne Hals auf dem Oberkörper sitzt. Das Lächeln der Frau entpuppt sich als fieses Grinsen. Wohl wissend, dass ich seine wahre Gestalt in diesem Moment erkenne, feixt mir der Dämon entgegen. Als ich die beiden zusätzlichen humanoiden Arme entdecke, welche im Verhältnis zum restlichen Körper wie zwei verstümmelte Extremitäten erscheinen, weiß ich, dass wir ein äußerst seltenes Exemplar aus dem Abyss vor uns haben – einen Glabrezu. Anstatt des Spiegels hält er einen geschwungenen Stab in der Hand, welcher in einer geflügelten Fratze endet. Diese dämonischen Verführer sind wahre Meister von Tricks und Lügen. Bevor ich meine Gefährten warnen kann, verschwindet der Dämon mit Hilfe eines Teleportationszaubers. Noch während ich hektisch von meinen Eindrücken berichte, werden viele Kreaturen in den Raum gespült: zwielichtige Invidiak, körperlose Schattendämonen, die im flackernden Schein der Fackeln verschwimmen und nur aufgrund ihrer rot-glühenden Augen zu erkennen sind, einige Vrock, die mit ihrem Schnabel, dem tiefschwarzen Gefieder und der roten Haut an aufrecht gehende Aasgeier erinnern und zwei Hezrou, reptilienartige Dämonen mit schuppigem Panzer und einem gigantischen, von unzähligen Zähnen besetzten Schlund.

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Invidiak, Vrock und Hezrou

Von dem plötzlichen Auftauchen der Dämonenscharen überrumpelt, weichen wir zurück. Überall um uns herum wirbeln Schatten, hier ein Flügel, dort der Schemen einer Hand. Neben mir stöhnt Alexander auf. Während meine magischen Barrieren die Schatten zurückhalten, ist er den körperlosen Angriffen schutzlos ausgeliefert. Panisch zerteilt er die Luft mit seiner Guisarme. Einer meiner Zauber erwischt einige der Invidiak und sofort kommt das hektische Treiben um uns herum etwas zur Ruhe. Die Schatten bewegen sich nun, als wären sie von einer zähflüssigen Masse umgeben. Beherzt sticht Alexander seine Waffe zwischen zwei rote Augen und die Dunkelheit zerfließt ins Nichts. Auch die mit Weihwasser benetzten Bolzen von Bartholomäus durchpflügen die uns umgebenden dunklen Gestalten. Der Kater hat sich unbemerkt wischen den Bücherregalen verschanzt und kichert verstohlen, als er wieder einen Treffer landet. Ein Schrei lässt mich herumwirbeln. Elanna kauert verängstigt in der Ecke des Raums und wird von zwei Invidiak in die Mangel genommen. Noch bevor ich reagieren kann werden die Schatten durch eine Pfeilsalve Gwins und einem beherzten Stoß Alexanders zerpflügt. Elanna ist jegliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen. Am ganzen Leib zitternd deutet sie auf die eiserne Luke, hinter welcher ihr Gemahl an einen Stuhl gebunden die Schutzzauber aufrecht zu erhalten versucht. Während die Invidiak uns in Schach hielten haben die restlichen Dämonen den Raum abgeschritten und sind mittlerweile fündig geworden. In diesem Moment verschwindet ein Vrock, der eben noch vor der verschlossenen Metalltür stand und taucht vermutlich wenige Meter dahinter wieder auf. Moraven sprintet zur Tür, doch als er sie erreicht haben sich bereits drei weitere Vrock und zwei Hezrou aus dem Staub gemacht. Er rüttelt an dem zentnerschweren Rad, welches die Luke öffnet, doch dieses setzt sich nur langsam stotternd in Bewegung. Alexander will ihm zu Hilfe eilen, wird jedoch von einem Netz aus schwarzen Schlieren umgeben. Fuchtelnd versucht er seine Fesseln zu sprengen. Erneut durchschaue ich die Illusion und laufe geradewegs hindurch, was Alexander ermutigt es mir gleich zu tun. Als er die Luke erreicht, öffnet er sie mit einem kräftigen Ruck. Gwin und Moraven springen hindurch, aus dem Augenwinkel kann ich den Kater vorbeihuschen sehen und dann steigen auch Alexander und ich die Treppen hinab.

Noleski sitzt noch immer zusammengesunken auf seinem Stuhl in der Mitte des Raumes, die Augen geschlossen, doch seine eingefallenen Gesichtszüge wirken angespannt. Es lässt sich kaum sagen, ob er das Treiben um sich herum wahrnimmt. Eine halbkugelförmige, bläulich schimmernde Energiebarriere umgibt ihn und hindert die Dämonen zu ihm durchzudringen. Einer der Hezrou prügelt mit seinen mächtigen Kauen verbissen darauf ein, jedoch ohne Erfolg. Ein körperloser Schattendämon gleitet auf den Königsregenten zu, offenbar in der Annahme das Energiefeld passieren zu können, prallt jedoch schlicht davon ab. Die vier Vrocks haben sich unterdessen in jeweils einer Ecke des Raumes postiert und zu einem gemeinsamen rhythmischen Tanz angesetzt. Wie von Sinnen schütteln sie ihr pechschwarzes Gefieder und krächzen laut. Ihr markerschütternder Gesang hallt von den Wänden wieder und übertönt die Rufe meiner Gefährten. Die sie umgebende Illusion zahlreicher Spiegelbilder lässt ihren Tanz wie ein abstrakt zerfließendes Farbenmeer aus Rot und Schwarz erscheinen. Dabei fokussieren sie ihre Aufmerksamkeit auf Noleski. Ohne zu wissen, was sie vorhaben stürzt sich Moraven auf einen der tanzenden Dämonenvögel, bekommt jedoch nur eine ölige Feder zu fassen. Auch Gwin und Bartholomäus haben nicht mehr Glück. Ihre Geschosse verschwinden im wirbelnden Farbenmeer, zerschlagen jedoch nur einige der Illusionen und bersten an der Steinwand. Alexander nimmt einen Trank zu sich, der ihn auf die doppelte Größe anschwellen lässt und stellt sich einem Hezrou in den Weg als eine weitere Gestalt am Treppenabsatz erscheint. Auf zwei Elefantenbeinen stapft der Kalavakus grimmig die Treppe hinunter, direkt auf Alexander zu. Die gräulich-violette Haut spannt sich über Muskelberge. Dem Kopf entspringen zahlreiche Hörner, die Unterarme sind mit langen Stacheln besetzt und enden in gewaltigen Klauen. Alexander lässt sofort von seinen Gegnern ab und wendet sich dem Ungetüm zu. Auch die Hezrou scheinen vor ihm zurückzuweichen, jedoch nur um sich im nächsten Moment auf Moraven zu stürzen.

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Kalavakus

Der Fürst lässt erschrocken von den Vrock ab, deren dämonischer Tanz unterdessen noch wilder geworden und deren Gesang zu einem ohrenbetäubenden Gekreische angeschwollen ist. Plötzlich entladen sich zeitgleich aus den Schnäbeln der vier Dämonen Wellen elektrischer Energie und treffen mit einem Donner auf die schützende Energiebarriere Noleskis. Doch sie hält stand. Als die Vrock abermals zu einem Tanz ansetzen gelingt es mir ihre Bewegungen mit einem Zauber zu verlangsamen, was uns hoffentlich etwas Zeit bis zu ihrem nächsten Angriff verschafft. Wer weiß, wie lange Noleskis Barriere hält. Wenn sie überwunden ist, wird es kaum möglich sein den König zu schützen. Alexander hat es mit dem Kalavakus aufgenommen, doch dabei den Hezrou aus den Augen verloren. Er wird hinterrücks von einem Zauber erwischt und lässt seine Guisarme fallen. Auch um Moraven ist es nicht gut bestellt. Ein zweiter Hezrou hat ihn gegen die Wand geschleudert und übel zugerichtet. Als dieser zu einem weiteren vernichtenden Hieb ansetzt lässt Moraven einen schrillen Ton seiner Laute entspringen. Angsterfüllt flieht sein Angreifer mittels eines Teleportationszaubers und auch einige weitere Dämonen machen sich aus dem Staub. Jedoch sind auch wir nicht vor dem Furchteffekt gefeit. Entwaffnet und verängstigt stürmt auch Alexander die Treppen empor aus dem Raum. Erschrocken bemerke ich, dass auch Elanna sich mittlerweile in den Raum verirrt hat und versucht sich einen Weg zwischen den Kämpfenden zu Noleski zu bahnen. Durch das plötzliche Verschwinden Alexanders wird auch der Kalavakus auf sie aufmerksam. Ich lasse sie mit einer schnellen Handbewegung unsichtbar werden, eile ihr entgegen und teleportiere mich mit ihr aus dem Kampfgetümmel. Alexander läuft mir direkt in die Arme, in seinem Gesicht steht noch immer der Schrecken geschrieben. Nachdem ich den Furchteffekt gebannt habe, stürzen wir uns zurück ins Getümmel.

Gwin und Bartholomäus haben unterdessen einige Dämonen niedergestreckt. Doch kaum erreichen wir erneut den Raum tauchen auch die von Moravens Musik vertriebenen Dämonen wieder auf. Ihre Ankunft wird von Schmerzensschreien begleitet. Ein Bannzauber des Fürsten bereitet ihnen unsägliche Qualen. Ihre Haut wirft Blasen und einigen faulen die Extremitäten ab. Ein bereits angeschlagener Hezrou hält es nicht mehr auf den Beinen und der massige Körper klappt unter jämmerlichem Gekreische zusammen. Alexander hat mittlerweile seine Waffe wiedergefunden und rammt diese einem noch immer tanzendem Vrock in den Rücken. Einen mächtigen Zauber des Kalavakus kann er grimmig abschütteln und erneut stellt er sich dem Koloss auf Elefantenbeinen. Bartholomäus legt einen Bolzen nach den anderen ein und übersieht dabei einen nahenden Schattendämon. Im letzten Moment springt er erschrocken beiseite direkt in die Arme eines Hezrou. Dieser hat den hilflos zappelnden Kater in seinen Klauen und ist im Begriff ihn zu zermalmen. Blitzschnell wirke ich einen Zauber, woraufhin Bartholomäus den Fängen des Dämons engleitet, auf seinen Beinen landet und davonhuscht. Dem erbitterten Kampf zwischen Alexander und dem Kalavakus setzt Gwin mit einer Pfeilsalve ein Ende. Mehrere Geschosse ragen aus dem Schädel des Dämonen, als er leblos zu den Füßen des Ritters liegt. Damit wendet sich das Blatt. Alexander bringt den letzten Hezrou zu Fall und rammt dem am Boden liegenden Gegner seine Stangenwaffe in den Rachen. Der verdreht die Augen, ein widerliches Gurgeln dringt aus seiner Kehle und die langen Arme zucken noch, als Alexander mit einem großen Schritt über ihn schreitet. Die verbleibenden Vrock haben ihren Tanz unterbrochen. Ihr Gefieder ist von einer zähen Masse verklebt, welche aus dem alchemistischen Fundus von Bartholomäus stammt.  Ein Pfeil von Gwin schießt einem Vrock den Schnabel weg und Alexander beseitigt die Überreste des Geierkopfes. Die wenigen verbliebenen Schattendämonen fliehen und so verbleibt nur noch ein letzter Vrock, der von mir durch grünlich schimmernde Seile an der Flucht gehindert wird.

„Tötet mich nicht!“, krächzt dieser ein ums andere Mal. „Tötet mich nicht! Nein!“ Als ich mich der Bestie nähere nehme ich zum ersten Mal den widerlichen Aasgestank wahr, der von ihr ausgeht. Wie sind die Dämonen in die Himmelswacht eingedrungen? Die Aura von Bannmagie umgibt weiterhin die Gemäuer der Sternwarte. Es muss einen anderen Weg hinein geben. Ihr zielstrebiges Vordringen zu Noleski legt nahe, dass sie um seine Bedeutung wussten und ihn und die Schutzzauber beseitigen wollten. Doch der Vrock scheint nicht mehr als ein Handlanger zu sein. „Anweisungen von einem Glabrezu“, gackert er sichtlich um Worte bemüht. Ich versuche mich mit ihm auf abyss zu verständigen, bekomme jedoch nur eine vage Vorstellung davon, wie er in die Himmelswacht gelangt ist. Offenbar gibt es irgendwo in diesem Gebäude ein Portal, durch welches die Dämonen ungehindert an diesen Ort vordringen konnten. „Er kann uns zu dem Portal führen“, verkünde ich in die Runde. „Er hat Todesangst und wird uns nicht in die Irre führen, doch es besteht kein Zweifel, dass er die erste Möglichkeit ergreifen wird uns zu hintergehen. Nun ist es an uns, ihm diese Gelegenheit nicht zu geben.“ Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. „Wo treiben sich Kevil, Magni und Eskel herum? Wir müssen diesen Zugang schnellstmöglich finden und verschließen. Jeden Augenblick können weitere Dämonen hindurchschreiten.“ Gwin schüttelt mit dem Kopf. „Sie sind nicht hier. Kevil und Magni sind nach Hochgraben aufgebrochen und Eskel ist sofort nach Narlgaard gereist, um Josif und Franziska aus der Stadt in Sicherheit zu bringen.“ Eine Neuigkeit, die mich unter anderen Umständen beruhigt hätte. Jetzt jedoch wüsste ich die drei gerne an meiner Seite.

2. Der Wunsch des Glabrezu
Elanna bleibt bei ihrem unversehrten Mann zurück. Ich kann keine Veränderungen seiner Haltung wahrnehmen. Hat er den Kampf wahrgenommen, welcher unweit von ihm tobte? Ich weiß es nicht. Die Barriere ist intakt, doch das Energiefeld durch den Angriff der Vrock geschwächt. Sollten abermals Dämonen eindringen, werde ich durch einen magischen Alarm vor den Eindringlingen gewarnt. Durch endlose dunkle Gänge führt uns der Vrock stetig in die Tiefe des schier endlosen Turmes. Der schwache Lichtschein wirft gespenstische Schatten an die Wand und immer wieder müssen wir kurz anhalten, weil der Gestank des Dämonen uns die Tränen in die Augen treibt und uns würgen lässt. Langsam beginne ich nervös zu werden. Habe ich mich getäuscht? Misstrauisch behalte ich den Vrock im Blick, doch mir scheint es, als würde er tatsächlich eine Spur verfolgen. Als der Gang in einen größeren Raum mündet hält er inne, wie er es schon einige Male zuvor getan hat, um sich zu orientieren. Plötzlich reißt er den Geierkopf nach oben und krakelt auf abyss: „Ich habe sie hergeführt!“ Als er sich in die Lüfte schwingt, entgeht der Alexanders Guisarme um Haaresbreite. Doch bevor er sich in Sicherheit bringen kann, wird er von Gwins Pfeilen gespickt und auch eine Brandbombe von Bartholomäus findet ihr Ziel. Lichterloh brennend stürzt der Vrock in den Tod.

Wir eilen in den angrenzenden Raum, ohne zu wissen was uns dort erwartet. Ich wirke einen Zauber, stoße mich vom Boden ab und schwebe in die Höhe, um mir einen Überblick zu verschaffen. Eine Treppe führt um die Ecke und als ich einen Blick wage, sehe ich in ein halbes Dutzend rot-glühender Augenpaare. Brimorak, bullig-muskulöse Dämonen mit gehörntem Ziegenkopf welche einen bestialischen Schwefelgestank verbreiten, zücken ihre Langschwerter und deuten grimmig in meine Richtung. Ihren Fingern entspringen Feuerbälle. Den meisten kann ich ausweichen, doch einer trifft mich direkt in die Brust. Von der Druckwelle werde ich zurückgeschleudert und im nächsten Augenblick in einen Sturm aus Feuer gehüllt. Alles um mich herum glüht und der stechende Geruch meiner versenkten Haare steigt mir in die Nase. Auf der Hut vor weiteren Geschossen steige ich empor und suche Deckung hinter einer Säule. Ich gönne mir einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Wie aus dem Nichts durchströmt wohltuende Energie meinen ganzen Körper und dringt in jede Zelle. Gwin huscht vorbei, sich mit nur einer Hand am Stein festhaltend. Ich spähe aus meinem Versteck hervor. Durch eine Frostbombe von Bartholomäus getroffen, erstarrt einer der Ziegendämonen unvermittelt und wird im nächsten Augenblick von Alexander aufgespießt. Ein weiterer kommt angestürmt und speit den beiden mit einem Blöken eine widerwärtige Substanz aus feurigem Blut entgegen. Der Kater kann sich flink wegducken, Alexander hingegen unternimmt nicht einmal den Versuch. Die Flammen züngeln um den Ritter herum, können ihm jedoch nichts anhaben. Offenbar hat er aus meinem Fehler gelernt und sich vor den feurigen Angriffen der Dämonen geschützt. Dem angreifenden Brimorak steht noch das Erstaunen ins Gesicht geschrieben, als auch er sich auf der Drachenfänger-Guisarme aufgespießt wiederfindet.

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Brimorak

Ich lasse meinen Blick durch die von wenigen Fackeln nur spärlich erleuchtete Halle wandern und erspähe den unverkennbaren, von silbrigem Glanz erleuchteten Umriss des Glabrezu. Vom Kampfgeschehen abgewendet steht er weit über einen Altar gebeugt, welcher die Quelle des Lichts zu sein scheint. Während die Brimorak versuchen meine Gefährten zu stellen, führt er dort irgendetwas im Schilde. Weil der massige Körper mir die Sicht verstellt, kann ich nicht erkennen, was dort vor sich geht, jedoch nehme ich eine Beschwörungsaura, ausgehend von dem Altar, wahr. Das kann nichts Gutes bedeuten. Ich spreche eine mächtige Bannformel und im nächsten Augenblick erlischt der silbrige Schein. Umgehend lässt der Glabrezu von dem steinernen Pult ab. Anstatt in ein vom Zorn entstelltes Gesicht zu blicken, grinst der Dämon mich erneut hämisch an. „Ihr seid zu spät.“ Im nächsten Moment ist er verschwunden. Mittlerweile sind auch die letzten Brimorak niedergestreckt und ich kann mich gefahrenlos zu dem Altar begeben. Deutlich spüre ich die Nachwirkungen der mächtigen Magie, die hier am Werke war. Die Funktion der Vorrichtungen am Altar erschließen sich mir aber auf die Schnelle nicht. Moraven jedoch erkennt, dass es sich um unterschiedliche Steuervorrichtungen handelt. „Was wurde damit gesteuert?“, will ich wissen, doch der Fürst zuckt nur mit den Achseln und antwortet mit einer Gegenfrage. „Wo ist er hin?“ Wir sehen uns um und unser Blick bleibt auf Durchgang heften, durch den ein silbrig-blauer Lichtschein fällt, welcher jenem ähnelt, der eben noch auf dem Altar lag.

Als wir hindurcheilen blicken wir auf ein imposantes Tor mit Spitzbogen, welches sicherlich 25 Fuß in die Höhe ragt. Der silbrige Glanz nimmt mit jeder Sekunde ab und hat sich mittlerweile nahezu verflüchtigt. Am Fuße des Tores liegt ein kolossaler Schweinekopf umringt von einigen Brimorak und Nabasu, schuppige Fledermausdämonen mit einem Maul gespickt mit spitzen Zähnen. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung haben sie den Kopf des Schweines an Kiefer, Keiler und sogar an den Ohren gepackt und versuchen ihn unter lautem Grunzen und Stöhnen durch das Tor zu zwängen. Jedoch ist für mich auf den ersten Blick nicht ersichtlich, weshalb der Kopf sich nicht bewegen lässt. Das Portal scheint breit genug und dahinter klafft nur Leere. Es befindet sich auf einem steinernen Plateau, welches durch eine Brücke mit der Ebene verbunden ist, auf der wir uns nun wiederfinden. Ich werfe einen Blick über den Rand in den Abgrund und erkenne, dass die gesamte Konstruktion auf gewaltigen Säulen steht, welche in der Schwärze verschwinden.

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Alexander macht einen beherzten Schritt auf die Brücke zu, bleibt aber verdutzt stehen, als sich dort zwei Gestalten materialisieren. Ein elefantenartiger Kalavakus und der Glabrezu versperren ihm den Weg. Bartholomäus bietet dem Ritter eine kleine Phiole an. „Ich glaube das könntest Du gebrauchen.“ Dieser zögert kurz, aber nach einem aufmunternden Zwinkern des Katers stürzt er den Inhalt hinunter. Wider erwarten schwillt nicht nur sein gesamter Körper an, er scheint sich auch zu verformen. Aus den Füßen werden Hufe, aus den Fingern Krallen, seine prächtigen langen Haare werden verfärben sich schwarz und sein Gesicht, in welches der Schreck über die plötzliche Verwandlung geschrieben steht, wird völlig entstellt. Sein Schädel wird länger und länger, es bilden sich Nüstern und er würde einem Pferdekopf gleichen, wenn da nicht das raubtierähnliche Maul wäre. Hätte ich die Transformation nicht mit eigenen Augen angesehen, so würden ich vor dem vor uns stehenden Tikbalang Reißaus nehmen. Die Dämonen sind weiterhin damit beschäftigt das gewaltige Schwein aus dem Tor zu ziehen und zu meinem Erstaunen ist mittlerweile ein gewaltiger Arm zu sehen. Nun begreife ich, was hier geschieht. Dies ist das Portal, der Zugang zum Abyss, durch welches die Dämonen in die Himmelswacht einfallen konnten. Ich bannte den Zauber just in dem Moment, in welchem der Schweinedämon es durchschritt. Nun ist er zwischen den Ebenen gefangen, sein Kopf auf der materiellen Ebene und sein Hinterteil im Abyss. „Wir müssen sie daran hindern das Schwein durch das Tor zu zwängen!“, rufe ich meinen Freunden entgegen.

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Alexander als Tikbalang

Während ich die Brimorak und Nabasu verlangsame und Bartholomäus einen Brimorak zu einer Eissäule erstarren lässt, stürmt der deformierte Alexander dem Glabrezu und Kalavakus entgegen. Zu meinem Entsetzen schließt sich auch Moraven an und läuft an seiner Seite, scheinbar direkt in die Arme der Dämonen. Bevor ihn der Hieb des Kalavakus von den Beinen holt, verschwindet er mit einem Narrenschritt und taucht einige Fuß hinter ihnen wieder auf. Das Spiel seiner Laute beginnt, doch anstelle des Liedes, welches uns auf übernatürliche Weise Mut macht, ertönt ein bizarres und schrilles Quietschen. Umgehend lassen die Dämonen von dem Schweinekopf ab. Die Brimorak weichen erschrocken vor dem Barden zurück und die Nabasu zerstreuen sich in alle Winde, nur weg von dem abscheulichen Lärm. Mittlerweile ragt ein zweiter Arm der Kreatur hervor und diese versucht nun schnaubend und grunzend auch noch ihren restlichen Körper hindurchzuzwängen. Unterdessen hat Gwin den Kalavakus auf der Brücke fest im Griff einer Wasserkugel. Der Elefantendämon wird umhergeschleudert und versucht vergeblich sich aus den Wassermassen, die ihn gefangen halten, zu befreien. Der Glabrezu ist abermals verschwunden, vermutlich hat er kein Interesse sich von Alexander aufspießen zu lassen. Stattdessen macht dieser in Gestalt des Tikbalang wie ein Fischer jagt auf den hilflosen Kalavakus, sticht einmal zu und das Wasser verfärbt sich dunkel. Ein zweiter Stoß und der Kalavakus treibt leblos in seinem Gefängnis.

Ein Dämon folgt auf den nächsten und so ist Alexander von den drei Brimorak umgeben, welche vor den abscheulichen Klängen Moravens geflohen sind. Ich zücke eine Schriftrolle, aktiviere die Magie der Runen und verbanne die drei Angreifer und dazu einen Nabasu, der gerade zum Sturzflug ansetzte, auf ihre Heimatebene. Doch dieser kurze Moment der Unaufmerksamkeit wird von dem Glabrezu gnadenlos ausgenutzt. Sein Zauber erwischt mich unvorbereitet und lässt meinen Körper regungslos in der Luft verharren. Ein umherschwirrender Nabasu bemerkt meine missliche Lage und ich muss aus den Augenwinkeln mitansehen, wie er sich heimtückisch von hinten nähert und die vielen spiegelbildlichen Abbilder meiner Selbst mustert, auf der Suche nach einem Indiz hinter welchem sich tatsächlich Fleisch und Blut befindet. Ich spüre den Wind, verursacht durch seinen Flügelschlag und mir steigt sein widerlicher Gestank in die Nase. Panik macht sich in mir breit, doch sie findet kein Ventil in meinem paralysierten Körper. Ich will schreien, auf mich aufmerksam machen, aber nicht einmal mein Augenlied zuckt. Dann höre ich ein Surren, was wie Musik in meinen Ohren klingt. Pfeile rauschen wenige handbreit an mir vorbei, finden ihr Ziel und strecken den Nabasu nieder. Nicht zum ersten an diesem Tag verspüre ich tiefe Dankbarkeit für Gwin, ihren wachen Geist und ihre ruhige Hand.

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Nabasu

Aber noch immer kann ich mich nicht rühren und muss mitansehen, wie es dem gigantischen Schwein gelingt sich Stück für Stück vorzuarbeiten. Schließlich befreit die Kreatur mit einem Ruck ihren Unterleib und richtet sich zu voller Größe auf zwei Beine auf. Keine der staubigen Schriften über die äußeren Ebenen war in der Lage die Abscheulichkeit eines Nalfeshnee nur ansatzweise in Worte zu fassen. Der fette, unförmige Wanst ist unglücklicherweise nur spärlich behaart, zwischen Kopf und Körper fehlt ein Hals und auf dem Rücken sind, fast zu übersehen, zwei jämmerliche schwarze Flügel, welche diesen zu groß geratenen Koloss niemals werden tragen können. Als einziges Kleidungsstück, wenn man sich dazu herablässt es als solches zu bezeichnen, dient eine um den Leib geschlungene Kette aus Schädeln und Knochen jener Kreaturen, welche durch dieses Ungetüm ihren Tod fanden. Diese schweinsartigen Dämonen können in ihren Widersachern Träume des Wahnsinns heraufbeschwören und sind umgeben von einer unheiligen Aura, welche Moraven offenbar in diesem Moment wahrzunehmen scheint. Von einem lästigen Nabasu attackiert hat er die nahende Gefahr in seinem Rücken zu spät bemerkt. Mit seiner Pranke reißt der Nalfeshnee den Barden von den Füßen. Der helle Schrei des Fürsten verstummt jäh, als der Schweinedämon ihm grunzend den Kopf mit einem knirschenden Biss von den Schultern trennt. Dumpf schlägt der leblose, enthauptete Körper Moravens auf den Steinplatten auf.

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Nalfeshnee

In atemberaubender Geschwindigkeit hastet Gwin über die Brücke, weicht einem Fledermausdämonen aus, überbrückt aus vollem Lauf die Kluft mit einem gewaltigen Satz und kommt schlitternd neben dem, was von Moraven übrig ist, zum Stehen. Die Halblingsfrau wirkt den Zauber, welcher schon so häufig das Schlimmste ungeschehen machte. Als ihre leuchtende Handfläche den entstellten Leib berührt, setzt sich der Schädel Moravens aus dem Nichts wieder zusammen. In diesem Moment gelingt es mir den Zauber, welcher mich an Ort und Stelle hielt, zu brechen und bevor das Monster Moraven ein zweites Mal in Stücke reißen kann, verlangsame ich seine Bewegungen mit einem Zauber. Der Fürst nutzt die Chance zur Flucht und auch Gwin bringt sich mit einem Sprung von der Klippe außer Gefahr. Nur wenige Augenblicke später schwebt sie in sicherem Abstand über dem Kampfgeschehen und schickt ihre Pfeile ins Getümmel. Denn auf der Brücke stehen sich nun Alexander und der Nalfeshnee gegenüber. Ein Kampf zweier Scheusale, eines widerwärtiger als das andere. Wieder taucht der Glabrezu unerwartet auf, doch diesmal hat sein Zauber keinen Erfolg. Alexander schüttelt den Verwirrungseffekt ab und stürzt sich auf den Schweinedämon. Der Kampf ist kurz und heftig. Geschlagen von Bartholomäus Bomben, Gwins Pfeilen und Alexanders Stichen, Hieben und Bissen geht der Nalfeshnee schnaubend in die Knie und lässt das Gewölbe ein letztes Mal unter seinem Gewicht erzittern.

„Wo ist der Feigling?“ Wachsam lässt Bartholomäus seinen Blick auf der Suche nach dem Glabrezu umherwandern, während der Rest der Gruppe die schlimmsten Wunden versorgt. „Er kann nicht weit sein“, gebe ich zu bedenken. „Das Portal ist verschlossen und es ist nicht möglich diesen Ort auf magische Weise zu verlassen. Ich glaube kaum, dass er dieses Versteckspiel lange wird durchhalten können.“ Tatsächlich erscheint er wenige Minuten später in einiger Entfernung. Der Kater faucht und seine Haare stellen sich auf, doch ich mahne zur Besonnenheit. Verärgert muss ich feststellen, dass sein Grinsen, trotz der aussichtslosen Lage, nicht gewichen ist. „Ihr schickt mich zurück.“ Es ist weder eine Bitte noch ein Befehl. Seine Worte haben etwas Prophetisches. Bartholomäus scheint das wenig zu beeindrucken. „Das würde dir so passen!“, aber auch Moraven legt dem Kater eine Hand auf die Schulter. „Lasst uns doch einmal herausfinden, wie sie es geschafft haben einzudringen.“ Der Glabrezu lässt uns nicht lange warten. „Ihr habt es mit eigenen Augen gesehen. Ich hörte von einem Portal, was sich aufgetan hätte. Ich war neugierig, denn es wurde berichtet, dass es sich um einen Zugang zur materiellen Ebene handeln würde. Also schritt ich hindurch.“ Dabei deutet er auf den gewaltigen Spitzbogen hinter uns. Er fährt fort und berichtet mit ungespielter Faszination wie nach und nach mehr Dämonen durch das Portal strömten und er sich daran machte diesen Ort genauer zu untersuchen. „Ich habe keinen Weg aus diesen Hallen herausfinden können. Ein Umstand, welcher nicht mit den Berichten übereinstimmt, welche man sich im Abyss von der materiellen Ebene erzählt. Und dann spürte ich es. Die Kreatur, welche uns daran hindert, diesen Ort zu verlassen. Sie ist überall. Sie ist eins mit diesem Gebäude. Sie ist das Tor nach draußen. Ohne sie können wir diesen Ort nicht verlassen. Also habe ich mich auf die Suche nach ihr gemacht, bis ich auf euch traf.“ Moraven unterbricht ihn jedoch schroff. „Wie habt ihr es geschafft ein Portal an diesem Ort zu erschaffen?“ Der Glabrezu antwortet ungehalten. „Habt ihr nicht gehört was ich sagte? Es wurde geschaffen. Es tat sich auf – ohne mein Zutun.“ Verärgert von dieser Antwort schimpft Gwin: „Ein Portal wird geschaffen, es entsteht nicht aus dem Nichts!“ Schweigend blickt uns der Glabrezu einige Momente an, bevor er fortfährt. Vielleicht hatte auch er gehofft von uns zu erfahren, was sich hinter der Kraft verbirgt, die hier am Werke ist. „Ich kann euch nur sagen was geschah. Welche Kausalität sich hinter diesen Ereignissen verbirgt, ist mir gänzlich unbekannt. Als ich durch das Portal schritt, war dies nicht Teil eines ausgefeilten Plans. Ich nutzte lediglich eine Gelegenheit, die sich nicht alle Tage bietet.“ Ich habe keinen Zweifel daran, dass er die Geschehnisse wahrheitsgetreu wiedergibt. Augenscheinlich ist dieses Gebäude, die Himmelswacht, dafür errichtet worden Portale zu anderen Dimensionen oder weit entfernten Orten zu schaffen. Die Ausführungen des Glabrezu legen nahe, dass dieses Portal kurz nach unserer Ankunft aktiviert wurde. Hat etwa unsere Anwesenheit dazu geführt, dass Noleski in seinem tranceartigen Zustand gestört wurde, wie Elanna bereits mahnte? Vielleicht wurde die Verbindung zwischen den Ebenen erst dadurch hergestellt. Ein dysfunktionaler Verteidigungsmechanismus, der die Dämonen einfallen ließ und beinahe dazu geführt hätte Noleskis Schutzwall vollends zu brechen. Die Stimme des Glabrezu reißt mich aus meinen Gedanken.  „Nun ist mir jeglicher Weg versperrt. Ich kann diesen Ort nicht verlassen, aber zurück kann ich auch nicht. Deshalb wirst Du mir helfen und mich zurück in den Abyss schicken.“ Dabei blickt er mich unverwandt an und wieder habe ich das Gefühl, dass er weder bittet noch versucht uns einzuschüchtern. Bartholomäus lacht ungläubig. „Das würde dir so passen! Du hast keine Chance gegen uns fünf.“ Der Dämon richtet sich ein wenig auf. „Wisst ihr was ich bin?“ Einige Sekunden verstreichen. „Ich bin ein Glabrezu, die vielleicht wertvollste Kreatur in diesem Gebäude. Denn ich bin in der Lage einem sterblichen Wesen, wie Ihr es seid, einen Wunsch zu erfüllen.“

#61 Ein Portal in der Sternwarte (19. Lamashan, 4713 AZ) Glabre10
Glabrezu

Natürlich! Die ganze Zeit über hatte ich das Gefühl, dass mir etwas entfallen sei. Die sagenumwobene Fähigkeit des Glabrezu einem Sterblichen einen Wunsch zu erfüllen und diesen auf die sadistischste Weise umzusetzen, dabei keinen Handlungsspielraum ungenutzt zu lassen, sodass die wenigen auserwählten Personen, welche jemals Bekanntschaft mit einem solchen Dämon machten und seine Hinterlist in Anspruch nahmen, sich letztlich wünschten, ihm niemals begegnet zu sein. So besagen es jedenfalls die Legenden. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Während meine Gefährten noch eifrig darüber debattieren, ob man auf das Angebot eingehen sollte – Moraven spricht sich in aller Deutlichkeit dagegen aus und auch der Rest der Gruppe scheint wenig überzeugt – sinne ich schon über die Formulierung des Wunsches. Auf keinen Fall werde ich diese singuläre Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen und den Blicken des Dämonen nach zu urteilen, hat er dies bereits erkannt. Während meine Gefährten noch streiten, trete ich an den Glabrezu heran. Mit grotesk klingenden Klickgeräuschen formuliere ich meinen Wunsch in seiner Sprache, sodass die Umstehenden mein Vorhaben nicht umgehend durchschauen. „Ich will, dass Ihr das Gedächtnis einer Halb-Elfe wiederherstellt. Die Unglückliche fiel in den Styx“, das Grinsen des Dämonen wird in diesem Moment noch hämischer, „Jahre zuvor erlitt sie bereits einen Gedächtnisverlust. Ich wünsche, dass sie alle ihre Erinnerungen, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und die damit einhergehenden Fähigkeiten wiedererlangt. Derzeit nennt man sie Layra von Riva, doch geboren wurde sie als Zora Rogarvia. Im Gegenzug werde ich Euch zurück in den Abyss befördern.“ Der Glabrezu streckt mir eine seiner kleinen, aus der Brust entspringenden, humanoiden Arme entgegen. Ich versuche mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, als ich in den Schatten des Dämonen trete. Ich atme einmal tief durch, fasse Mut und schlage beherzt ein. Für einen kurzen Moment meine ich ein Glitzern in seinen Augen wahrzunehmen und spüre, dass ein äußerst mächtiger Zauber gewirkt wurde. Der Glabrezu hat seinen Teil des Paktes erfüllt. Ich trete einen Schritt zurück und die Momente zerrinnen. „Woher nehmt ihr die Gewissheit, dass ich nun auch meinen Teil leisten werde?“ Unverwandt grinsend blickt mich der Glabrezu an. Ich fokussiere meinen Geist, kanalisiere die magische Energie und im nächsten Moment wird der Dämon von einer unsichtbare Kraft aus der hiesigen Existenzebene gesaugt. Dann geben meine Knie nach und ich sinke schweißgebadet in mich zusammen.

Einundsechzigste Sitzung am Sonntag, den 26. April 2020 online über Discord.
Mit Tobi, Miles, Toni, Anton, Fabian und mir.

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