Ein Reisebericht von Faquarl
1. Eine Brücke über den Gudrin
Als wir in Narlgaard eintreffen, um den Hohen Rat von unseren Beobachtungen zu unterrichten, sind Eskel und Kesten bereits zurück. Ihnen ist es gelungen etwa zwei Dutzend Soldaten anzuwerben, welche von nun an in der Hirschfeste eine kleine stehende Truppe bilden sollen. Diese, so der Plan, wird in den kommenden Monaten aufgestockt werden. Wir erinnern uns an ein Angebot von Rickert von Hohenschwur. Der Ritter bot an einen Schrein des Gorum, der Gottheit des Krieges, in Narlgaard zu errichten, doch damals lehnten wir das Angebot ab. Nun, da wir erste militärische Ambitionen hegen, lassen wir ihm ein Schreiben zukommen, um in Erfahrung zu bringen, ob wir seine Dienste noch in Anspruch nehmen können. Weil seit einigen Wochen das Amt, welches Karosh im Rat Riviens ausübte, unbesetzt ist, beratschlagen wir wer für diesen Posten geeignet wäre. Übereinstimmend beschließen wir Grunda Holler zu fragen, ob sie dem Rat Riviens als Hüterin des Gesetzes beitreten möchte. Ohne Bedenkzeit in Anspruch zu nehmen, stimmt sie bereitwillig zu und schließt somit die Lücke in unseren Reihen. Ab sofort obliegt ihr die Aufgabe über die Einhaltung der Gesetze zu wachen und kriminellen Energien entschlossen entgegen zu treten. Auch leiten wir die bei der Volksversammlung angekündigte Gründung einer neuen Siedlung in die Wege. Sie soll an der Straße zwischen Narlgaard und dem Handelsposten, am Ufer des Dorn am Rande der Narlmark errichtet werden. Somit bietet sie sowohl den Arbeitern in den Steinbrüchen und der Mine, sowie den Holzfällern im Wald ein zu Hause. In den nächsten Tagen wird mit dem Bau erster Wohnhäuser und eines Wirtshauses begonnen. Wir taufen die neue Siedlung auf den Namen Dornbrück.
All jene Vorbereitungen haben erneut einige Tage in Anspruch genommen. Doch die erschreckenden Nachrichten von Hragulgas Truppe beschäftigt uns unentwegt. Wir wissen, dass etwas unternehmen werden muss, haben aber seither keine Informationen mehr über den Aufenthaltsort der Wilden erhalten. Als wir soeben beschlossen haben ein weiteres Mal Kundschafter auszusenden, kehrt die Söldnergruppe um Mareen von ihrem Erkundungsauftrag mit alarmierenden Neuigkeiten zurück. Südlich von Narlgaard, keinen Tagesritt entfernt, ist ein gutes Dutzend Orks damit beschäftigt eine massive Holzbrücke über den Gudrin zu errichten. Hinter dieser wurde bereits eine kleine Befestigungsanlage fertiggestellt. Bewacht wird der Ort zudem von einigen Wölfen. Da der schmale Fluss problemlos passiert werden kann, schließen wir aus Mareens Bericht, dass die Brücke in erster Linie eine Überfahrt der Katapulte ermöglichen soll, welche die Trolle mitführten. Die Orks scheinen mit ihnen zusammenzuarbeiten. Doch Trolle wurden von den Söldnern nicht gesichtet. Wir danken Mareen für die Warnung und natürlich auch für das sorgfältig angefertigte Kartenmaterial, an welchem sie den Standort der Orks genau darlegen kann und versprechen uns sofort um diese Angelegenheit zu kümmern. Die Söldneranführerin bitten wir mit ihrer Truppe unterdessen in der Nähe Narlgaards zu bleiben. Sollte es zu einem unerwarteten Angriff in unserer Abwesenheit kommen, ist es unerlässlich, dass einige fähige Kämpfer vor Ort sein.
Zu unserer Überraschung entschließen sich auch Moraven und Layra uns zu begleiten. Sie unternahmen in den vergangenen Monaten keine Expeditionen in die Wildnis, um für Stabilität und Kontinuität im Reich zu sorgen. Moraven will sich ein Bild der Lage machen und auch die Hilfe von Layra und dem Greifen Finnvarra könnte, sollte es zu einem Kampf mit Hragulkas Trollen kommen, von Nöten sein. Auf unserem Ritt gen Süden werden wir bereits einige Meilen vor der erwarteten Ankunft am Orklager durch Wolfsgeheul überrascht.
Finnvarra, welcher bislang nicht am Himmel über uns kreiste, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, schwingt sich hastig in die Lüfte und teilt Layra mit, dass wir aufgespürt worden sind. Wir springen von unseren Pferden und machen uns kampfbereit, als schon im nächsten Augenblick fünf Orks auf dem Rücken von Schreckenswölfen die Hügel hinab auf uns zu reiten. Einer von ihnen, anscheinend ihr Anführer, hält sich etwas im Hintergrund und wirkt zu meinem Erstaunen einen Zauber, vergleichbar mit meinem Hast-Zauber. Auch Moraven ist dies nicht entgangen. Er fixiert den Anführer und hebt seine Arme zu einer bedrohlich wirkenden Geste. Erschrocken hält dieser kurz inne, stürzt sich aber kurz darauf ebenfalls ins Getümmel. Dabei grunzt er unablässig. Zunächst hielten wir dies für eine gewöhnlich, widerwärtige Angewohnheit des Orks, aber es scheint, als versuche er damit seine Mitstreiter anzutreiben. Da wir glücklicherweise nicht völlig unvorbereitet sind, fallen die zwei Angreifer in vorderster Front binnen Sekunden. Eskel erschlägt den ersten Wolf und seinen Reiter mit zwei gezielten Hieben und das Tier, welches Magni anspringt, bekommt dessen Hammer in die Flanke. Als hinter dem Reiter des Tieres plötzlich ein von Layra beschworenes Schwert erscheint, wird der unvorbereiteten Gegner mit einem beherzten Stich in den Rücken aufgespießt.
Unterdessen versuche ich den zauberwirkenden Anführer aufzuhalten, indem ich ihn in eine Wolke aus glitzerndem Staub hineinreiten lasse. Erschrocken hört er auf diese absonderlichen Laute von sich zu geben, wird von meinem Zauber aber nicht aufgehalten. Ein weiterer Ork, welcher ebenfalls von der Wolke erwischt wurde, schreit vom Staub geblendet auf und fällt vom Rücken seines Reittiers. Eskel wird von einem herannahenden Schreckenswolf angesprungen und mit zu Boden gerissen. Sofort eilt dem Alchemisten ein ebenfalls von Layra beschworener Adler zu Hilfe, welcher im Sturzflug den Wolf attackiert. Dieser schnappt nach dem Raubvogel, verfehlt ihn aber um Haaresbreite. Somit hat Eskel genug Zeit sich wieder auf die Beine zu kämpfen und gemeinsam mit dem aggressiven Vogel bringen sie auch jenen Wolf zur Strecke. Sein Reiter kippt unbeholfen von dessen Rücken und wird umgehend von Magnis Hammer zermalmt.
Einer der Angreifer hat es unterdessen geschafft an den Nahkämpfern vorbei zu uns Zauberwirkern vorzudringen. Indem Moraven den Boden vor mit einem schmierigen Belag bedeckt, rutscht der Wolf bei seinem Angriff jedoch weg. Blitzschnell kommt er wieder auf die Beine und schnappt nach Layra. Der Schwertstreich des Orks verfehlt die Halb-Elfe nur knapp, doch dann eilen ihre beschworenen Kreaturen zur Hilfe. Der Adler krallt sich in die Haare des Orks und pickt ihm ein Auge aus, woraufhin das Scheusal jämmerlich aufheult. Sein Reittier kann blitzschnell reagieren, als ich beide in eine Grube stürzen will. Magni bricht dem Tier die Hinterläufe und der Wolf fällt zu Boden. Der noch immer kreischende Reiter kippt von seinem Rücken und fällt hinab. Mit einem dumpfen Aufschlag ersterben die Schreie.
Bei dem letzten verbleibenden Gegner handelt es sich um den Orkanführer. Hektisch blickt er sich um, doch keiner seiner Mitstreiter ist noch am Leben und auch sein Reittier wurde bereits erschlagen, wodurch eine Flucht aussichtlos erscheint. Eingeschüchtert fleht er um Gnade. Langsam gehe ich auf ihn zu und gebiete ihm in seiner Sprache: „Mach deine Taschen leer, wirf alles auf den Boden. Du brauchst die Dinge nicht, die schwer am Mantel ziehen.“ Ohne zu zögern kommt er meiner drohenden Aufforderung nach. Ich stelle ihm einige Fragen, die er umgehend beantwortet. Er nennt sich Grum der Schlachtensänger und ist Teil der Gruppe, welche von einem Troll namens Tark, dem Anführer des Stammes, den Befehl erhalten habe eine Brücke über den Gudrin zu bauen. Diese ist nun fast fertiggestellt und ein einfacher Wall ist ebenfalls bereits errichtet worden. Ihnen wurde für diese Arbeit Gold versprochen, zu welchem Zweck die Brücke gebraucht werde, weiß er nicht. Was nun mit ihm anfangen, mit dieser Frage wende ich mich an meine Freunde. Auch sie sind etwas ratlos, doch dann wird vorgeschlagen ihn als Spitzel gegen seine eigenen Leute zu verwenden. Kurz überlege ich, wie ich den Ork zu etwas Derartigem überreden kann und beginne ihm zu schmeicheln. Doch er antwortet aufbrausend und unbesonnen. „Natürlich weiß ich, was die Trolle vorhaben. Die wollen diese Rivas verjagen. Richtig so, diese widerwärtigen Eindringlinge!“ Ich versuche es ein zweites Mal, doch als er auch dann den Ernst der Lage nicht zu begreifen scheint und noch immer vom Kampf gegen unser Fürstentum spricht, trete ich ihm entgegen und ziehe das Wakizashi. „Wir sind die Rivas.“ Mit einem gezielten Stich durchbohre ich seinen Hals, bevor er begreift wie ihm geschieht. Seine letzten gurgelnden Worte kann auch ich nicht mehr verstehen.
Moraven ist etwas geschockt von meinem harten Durchgreifen, aber Eskel nickt zustimmend. Er und Magni entsorgen die Leichen im Fluss, während wir uns auf die Suche nach den fortgelaufenen Pferden machen. Schnell sind alle eingefangen, nur von Jabor fehlt jede Spur. Erst als Layra sich erbarmt und mir bei der Suche nach meinem treuen Begleiter hilft, finde ich es wieder. Nach einiger Zeit kehrt auch Ava zurück. In Gestalt eines Vogels spionierte sie das Orklager aus, ohne von dem soeben gefochtenen Kampf etwas mitbekommen zu haben. Doch sie hat interessante Informationen für uns. Die Brücke sei tatsächlich fast fertiggestellt, aber noch immer arbeiteten einige Orks an der Holzkonstruktion. Hinter der Brücke wurden etwa drei Meter hohe Palisaden errichtet. Ein Fallgitter verhindert das schnelle Eindringen von Feinden. Der Wall schützt ein Zeltlager der Orks, in welchem sie aber keine weiteren Wölfe gesichtet habe. Ein frontaler Angriff scheint unklug zu sein. Deutlich einfacher wäre es den Gudrin zu passieren und das Lager von hinten anzugreifen. Womöglich können wir sogar unbemerkt eindringen und haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Da es aber bereits zu dämmern beginnt und wir den Orks in der Dunkelheit unterlegen sind, beschließen wir den Angriff auf den nächsten Morgen zu verschieben. Im Schutze eines Hügels lassen wir uns nieder auf und verbringen dort eine ruhige Nacht.
Mit den ersten Sonnenstrahlen machen wir uns auf den Weg und überqueren den Fluss. Durch die Zauber von Moraven, Ava und mir können wir ungesehen, ungehört und zudem völlig geruchslos in das Feindeslager vordringen. Aus dieser perfekten Deckung heraus greifen wir an. Moraven stimmt eines seiner Lieder an, Layra beschwört einen Raubvogel und ich spanne ein Netz aus dicken, klebrigen Fäden, versperre damit den Weg der Arbeiter durch das Tor und verhindere somit, dass wir schnell in Unterzahl geraten. Magni hat bereits einem er Orks den Schädel zertrümmert, sich dabei aber einige Meter von der Gruppe entfernt. Drei der Orks kommen auf ihn zugelaufen, wobei einer von ihnen seine Kameraden mit einem Segen belegt und ein weiterer den Zwerg in magische Dunkelheit hüllt. Neben diesen beiden Adepten, scheinen aber keine weiteren Zauberwirker unter den Orks zu sein.
In dem Augenblick als Ava einen Ork mit ihren Blitzen niederstreckt, wird auch sie wieder sichtbar. Sofort stürzen zwei weitere auf die Halblingsdame zu und stoßen ihre Schwerter nach ihr. Ich eile meiner schwer Verletzen Gefährtin zu Hilfe und lasse sie verschwinden. Irritiert starren die zwei einen Moment zu lange ins Leere. Eskel taucht hinter ihnen auf und stößt den zwei Orks sein Schwert in den Rücken. In der Zwischenzeit hat Layra bereits einige weitere Adler und Schwerter beschworen, welche die Orks in die Zange nehmen.
Von Magni hören wir nur einige zornige Ausrufe. Er ist weiterhin von einer dunkeln Wolke umgeben. Seine zwei Gegner haben ihm mittlerweile einige Verletzungen zugefügt, beide Arme sind blutüberströmt. Dann beginnt sich etwas in einem Zelt neben ihm zu bewegen. Etwas Großes bahnt sich seinen Weg nach draußen, die kleine Behausung wird zur Seite gerissen und zum Vorschein kommt ein Troll, in beiden Händen je ein Schwert haltend. Aber auch von dem plötzlichen Auftauchen des Trolles bekommt außer dem Zwerg niemand etwas mit.
Die Orks, welche mit den Arbeiten an der Brücke beschäftigt waren, sind mittlerweile auf die Palisaden geklettert und bewerfen uns mit ihren Wurfspeeren. Ava schützt uns durch einem Windwall vor weiteren Geschossen, woraufhin beide knapp an der unsichtbaren Halblingsdame vorbei in den Kampf stürzen. Dort werden sie von Layras Adlern empfangen. Hilflos hacken die Orks nach den Vögeln, können aber nur einen der Vögel in zwei Teilen und werden von ihren Krallen der verbliebenen zerfleischt. Ich fliege derzeit über dem Kampfgeschehen und versuche unseren Zwerg zu erspähen. Vom dunkeln Fleck am Rande des Kampfgeschehens verborgen, kann ich ihm aber nicht helfen. Stattdessen versuche ich einem der Adepten mit einer Wolke aus Glitzerstaub das Augenlicht zu nehmen. Der Versuch misslingt und unglücklicherweise kommt der bislang unsichtbare Moraven dadurch zu Vorschein. Von funkelndem Staub bedeckt erscheint er inmitten des Kampfgetümmels und unterbricht erschrocken sein Lied.
Der Hauptmann hat Eskel mittlerweile in einen heftigen Kampf verwickelt. Die beiden liefern sich einen heftigen Schlagabtausch und als der Alchemist einen Treffer landet und seinen Gegner zum Straucheln bringt, wird dieser sofort von einem Zauber des Adepten geheilt. Währenddessen sieht sich der angeschlagene Magni nicht mehr lediglich zwei Orks, sondern zusätzlich einem Troll entgegen. Doch anstatt zu fliehen, fällt er die beiden Orks mit kräftigen Hieben. Da an Stelle der Gefallenen sofort ein weiterer Ork auftaucht und der Riese sich mit seinen Waffen auf den Zwergen stürzt, nimmt dieser Reiß aus. Doch beide Schwerter treffen ihr Ziel. Wir sehen unseren Freund plötzlich aus der Dunkelheit stürmen, Angstschweiß auf der Stirn, die Augen weit aufgerissen, eine klaffende Wunde am Bein. Er läuft einige Meter, strauchelt, bricht keuchend zusammen und bleibt an Ort und Stelle liegen.
Sofort beschwöre ich eine Grube inmitten der magischen Dunkelheit, da ich dort weitere Feinde vermute. Zusätzlich wühle ich mit einem Zauber den Untergrund auf und versuche die so verstrickten Kreaturen in die Tiefe zu stürzen. Ein Schrei aus der Dunkelheit lässt mich erahnen, dass diese Strategie erfolgreich war. Als einer der Orks inmitten von Avas Flammenkugel verbrennt, ist nur noch der Hauptmann am Leben. Panisch flieht dieser und im ersten Moment scheint niemand im Stande ihn zu verfolgen. Doch er hat seine Rechnung ohne Layra gemacht. Mit einer blitzartigen Geste schickt sie ihm eine Waffe des Glaubens hinterher, welche den Flüchtigen zur Strecke bringt.
Magni wird sofort von Ava geheilt, während wir uns in die Dunkelheit vorwagen. Deren Ursprung ist schnell entdeckt. Ein Schwert wurde mit einem entsprechenden Zauber belegt. Als wir es beiseiteschaffen erblicken wir am Boden der Grube zwei tote Orks. Zudem bemerken wir, dass in einem abgerissenen Zelt ein Gang unter die Erde führt. Als Magni wieder zu Bewusstsein kommt, warnt er uns vor einem Troll, welcher ihn angegriffen hat und sich sicherlich dort unten versteckt halte. Wir sehen nach, doch dort befindet sich keine Kreatur. Der Zwerg beharrt jedoch darauf von einem Troll attackiert worden zu sein und nach kurzer Zeit bestätigt Layra uns, dass Finnvarra die Fährte eines solchen aufgenommen habe. Scheinbar hat dieser einen Unsichtbarkeitstrank zu sich genommen und das Weite gesucht.
Während der Greif versucht die Spur zu verfolgen, finden wir einige Tränke bei den Orks und in der Behausung des Trolls, welche wir unter uns aufteilen. Die Waffe des Hauptmanns, einen magischen Krummsäbel, nimmt Eskel an sich. Während er sich mit Magni daran macht die Brücke niederzureißen, kehrt Finnvarra zurück. Er konnte den Troll in einiger Entfernung entdecken, dieser flieht jedoch in Richtung des Waldes. Da wir ihn nicht einholen können, müssen wir ihn ziehen lassen. Nachdem die Brücke zerstört, das Lager niedergebrannt ist und die Leichen im Fluss entsorgt sind, begeben wir uns wieder auf den Heimweg. Die Orks konnten wir besiegen, ihr Lager und die Brücke zerstören und damit das Überqueren des Flusses mit schwerem Belagerungsgerät zeitweise verhindern. Doch die Trolle sind weiterhin dort draußen. Wir kennen weder ihren Standort, noch wissen wir genaueres über ihre Pläne.
2. Unbekannte Mächte
Wenige Meilen vor Narlgaard ereilt uns eine beängstigende Nachricht. Finnvarra berichtet, dass mit Ausnahme von wenigen Soldaten, keine Menschenseele auf den Straßen zu sehen sei. Beunruhigt treiben wir unsere Pferde an. Was mag geschehen sein? Wir werden von Tabor, einer Stadtwache begrüßt und über die jüngsten Ereignisse unterrichtet. In der letzten Nacht ist Gustav Svanson, der Hohepriester Narlgaards und Mitglied des Hohen Rates, zu Tode gekommen. Er wurde am Morgen in seinem Schlafgemach ermordet aufgefunden. Daraufhin sei von den restlichen anwesenden Ratsmitgliedern eine Ausgangssperre verhängt worden. Die Bewohner Narlgaards sind verunsichert, die Neuigkeit um den gewaltsamen Tod des Erastil-Priesters hat sich schnell herumgesprochen. Wir lassen uns von Grunda Holler zur Wohnung Gustavs führen. Die Tür sei verschlossen gewesen und musste von Tabor gewaltsam geöffnet werden. Von dem Mörder fehlt jegliche Spur. Vater Grigori habe umgehend den Leichnam konserviert, der Tatort ist weitestgehend unberührt. Lediglich eine Rune, welche über dem Toten geschwebt habe sei gebannt worden. Sie enthielt eine eindrückliche Aufforderung: „Verschwindet aus dem Grüngürtel“ Eskel erschrickt, eine ganz ähnliche Aussage klingt ihm noch in den Ohren „Der Grüngürtel erhebt sich. Verschwindet so lange ihr noch könnt.“ Dies waren die Worte des alten Druiden. Aber sieht das nach der Handschrift Raifs aus? Wäre der Druide tatsächlich in der Lage einen solchen Mord zu begehen oder zu befehlen? Und dazu noch an einem Erastil-Anhänger. Das scheint doch eher unwahrscheinlich. Doch bevor wir Verdächtigungen und der Suche nach dem Übeltäter nachgehen, versuchen wir erst einmal die Spuren vor Ort genau unter die Lupe zu nehmen.
Finnvarra kann leider keine Fährte aufnehmen. Eskel schließt anhand von Beschädigungen an der Decke, dass es sich bei dem Mörder um eine große Kreatur handeln muss. Anhand der Verletzungen ist von einem kurzen Todeskampf auszugehen. Gustav schien keine Chance gehabt zu haben. Eine Blutprobe verrät, dass ihm ein Gift injiziert wurde, welches ihn vermutlich stark schwächte oder gar lähmte. Layra gibt wertvoll Hinweise und so kann die Herkunft des Giftes eingegrenzt werden. Anscheinend gibt es Teufel, welche ihre Opfer auf diese Weise töten. Anhand der Wunde fällt der Verdacht auf einen Osyluth, einen Knochenteufel. Mit seinem skorpionähnlichem Schwanz könnte er Gustav tödlich verwundet und zugleich vergiftet haben. Unsere Recherchen bekräftigen diesen Verdacht. Osyluth sind große Kreaturen, können fliegen, sich unsichtbar machen und teleportieren. Das würde auch erklären, wie sich der Mörder Zutritt zu Gustavs Zimmer verschafft hat.
Ein Teufel, welcher Narlgaard heimsucht und Mitglieder des Hohen Rates brutal abschlachtet? Wir scheinen mächtige Feinde zu haben, Feinde in der Lage sind derartige Kreaturen zu beschwören und zu kontrollieren. Aber wer mag das sein? Wer hegt einen solchen Hass gegen uns? Neben Raifs fällt der Verdacht auch auf Lucretia. Ihr Verschwinden hat uns so einige Rätsel aufgegeben und ganz offensichtlich scheint sie über große Fähigkeiten und Wissen zu verfügen, welches ihr ermöglicht andere Ebenen zu bereisen. Könnte sie den Teufel aus der Hölle beschworen haben? Aber uns fehlt ein plausibles Motiv. Oder handelt es sich bei unseren Widersachern um Neider aus Brevoy, den Flusskönigreichen oder gar um den Konkurrenten Drelew hier im Grüngürtel? Wer könnte noch ein Interesse daran haben uns Schaden zuzufügen? Die alte Hexe, Verbündete oder Auftragsgeber des mysteriösen Denunzianten oder der Rabenorden? Bisher hatte ich stets das Gefühl freundschaftliche Beziehungen zu unseren Nachbarn zu pflegen, doch je mehr ich über den grausamen Mord nachdenke, desto feindseliger erscheint mir unser Umfeld. All die Verdächtigungen, der Hass, sie schüren nur Misstrauen und Angst und führen doch zu nichts. Wir haben keine handfesten Beweise. Nur eines wissen wir: Die Gefahr ist nicht gebannt. Der Teufel hat letzte Nacht zugeschlagen, er könnte jederzeit erneut erscheinen, ein weiteres Opfer auserwählen. Diesmal hat es Gustav erwischt, doch die eigentlichen Feinde sind doch wir, die Rivas. Somit müssen wir uns vorerst um die Frage kümmern, wie es möglich ist sich vor diesem höllischen Ungeheuer zu schützen und weitere Ermittlungen hintenanstellen.
Allen Mitgliedern des Hohen Rates wird nahegelegt die Nacht nicht alleine zu verbringen. In Absprache mit Anton Kuhlwein wurde sein Gasthof ‚Zum Eber‘ als Sammelunterkunft eingerichtet. Anfänglich sieht es so aus, als ob der gesamte Rat die Nacht im Eber verbringen wird, doch zu meiner Überraschung teilt Moraven mir mit, dass er vorhabe in der Hirschfeste zu bleiben. In einem vertraulichen Gespräch erklärt er, dass er vorhabe Gemälde von sich in all unseren Schlafkammern, dem Ratssaal und der großen Halle aufzuhängen. Mit einem Zauber könne er durch diese hindurch wahrnehmen, wenn jemand sich Zutritt zu jenen Räumen verschaffe. Dafür müsse er sich aber in der Nähe aufhalten. Er will herausfinden, ob die Kreatur tatsächlich ein weiteres Mal zurückkehrt und was diese im Schilde führt. Ein gewagtes Unterfangen, sollte der Mörder ihn aufspüren ist Moraven diesem hilflos ausgeliefert. Wir unterrichten Layra, Ava und Eskel vom Plan des Fürsten. Ava und Layra wollen im Gasthof übernachten, Eskel und ich beschließen bei Moraven zu bleiben.
Nachdem jedes Zimmer mit einem Abbild des Fürsten geschmückt wurde, beziehen wir Stellung in einer kleinen Vorratskammer. Wir sind erschöpft. Erst der Kampf gegen die Orks, dann der Ritt durch die Raublande und schließlich die schrecklichen Neuigkeiten in Narlgaard. An die kalte Steilwand gelehnt sitzen wir in dem beengten Raum. Während Eskel und ich Moraven im Blick behalten, der während seiner geistigen Ausflüge bewusstlos an einem Regal lehnt, knabbern wir nervös an einem Stück Käse. Es vergehen zwei, vielleicht drei Stunden, in denen nichts geschieht, doch plötzlich schreckt Moraven hoch. Er meint im Ratssaal ein Geräusch wahrgenommen zu haben. Dann verlässt sein Geist erneut seinen Körper und wir starren auf unseren reglosen Fürsten. Während wir ratlos dasitzen, schlüpft Moraven in ein Gemälde nach dem anderen. Aber in der Ratskammer ist es still geworden und auch in Layras Zimmer ist nichts zu sehen. Doch was war das? Er meint etwas aus dem nebenliegendem Raum gehört zu haben. Als er die Augen seines Abbildes aufschlägt, welches er eben wenige Stunden zuvor in den eigenen Gemächern aufgehängt hat, sieht er wehenden Vorhänge. Dann das Geräusch einiger schwerer Schritte und plötzlich wird die Bettdecke durch die Luft geschleudert. „Halt!“ Moraven spricht das unsichtbare Wesen direkt an. Dieses erschrickt offenbar, er hört hektische Schritte, dann ist es still.
Moravens Körper erwacht wieder zum Leben. In knappen Sätzen berichtet er von dem versuchten Anschlag gegen ihn. Noch bevor er geendet hat ist Eskel aufgesprungen und teilt uns in mit nach oben eilen und nachsehen zu wollen. Im Hinausgehen trinkt er eines seiner Elixiere, woraufhin er unsichtbar wird. Ich bleibe allein zurück, denn Moravens Geist ist ebenfalls wieder entschwunden, um weiter zu spionieren. Als Eskel vor der Tür zur Ratskammer angelangt ist, tritt er leise ein. Zunächst meint er alleine zu sein, doch dann vernimmt er unmittelbar neben sich ein tiefes Knurren. Erschrocken hält er die Luft an, bleibt regungslos stehen. Ein Windhauch, das Flackern der Fackeln, um ihn herum scheint sich etwas zu bewegen. Von einem Moment auf den anderen packt ihn die Angst, er kann sich nicht länger beherrschen und rennt panisch aus dem Raum ins Freie. Er kann seinen Verfolger hören, direkt hinter ihm. Ein unsichtbarer Mörder jagt sein unsichtbares Opfer. Plötzlich erscheint aus dem Nichts, direkt vor Eskel eine Wand aus Eis. Sie ragt von einer Seite der Plattform bis zur anderen. Sein Fluchtweg wurde versperrt.
Moraven schreckt erneut hoch. „Er ist in Schwierigkeiten!“ Wir zögern keinen Augenblick, springen auf und stürmen aus der Vorratskammer nach oben. Eskel kommt kurz vor der Wand zum Stehen. Gehetzt blickt er sich um. Weder ein Sprung in die Tiefe, noch ein Kampf gegen seinen Verfolger scheinen erfolgsversprechend. Da die Wand nicht sonderlich stabil aussieht, wirft er kurzerhand eine seiner Bomben dagegen. Als diese explodiert fliegen einige Splitter umher, doch das Eis bricht nicht. Im nächsten Moment spürt Eskel, dass etwas nach ihm peitscht und ihn nur um Haaresbreite verfehlt. Vor ihm steht der Teufel, ein Skelett mit einem riesigen, knöchernen Schwanz, welcher in einem großen Stachel endet. Seinem Rücken entspringen ledrige, zerfetzte Schwingen und in den Augenhöhlen brennen zwei gelbe Bälle, welche die Umgebung nach dem Alchemisten absuchen. Eskel rennt am Teufel vorbei in Richtung der Ratskammer, doch noch bevor er diese erreichen kann, wird abermals der Weg von einer Eiswand blockiert. Der Knochenteufel kann Eskel zwar nicht sehen, doch aufgrund der Geräusche und des leichten Regens ist auszumachen, wo Eskel sich befindet. Der stachelbesetzte Schwanz verfehlt, aber eine der Klauen trifft ihn in die Seite. Doch er gibt seine Deckung nicht auf, greift nicht an, sondern versucht sich durch einen Schild- und einen Heiltrank zu schützen.
Als wir die oberste Ebene der Hirschfeste erreichen stehen wir vor einer Wand aus Eis. Dahinter erkennen wir verschwommen eine Kreatur, von Eskel fehlt jede Spur. Mit fester Stimme ruft Moraven dem Wesen auf der anderen Seite der Wand entgegen „Hier bin ich, der den ihr sucht.“ und schmettert einen Scherbenakkord gegen das Eis, welches jedoch auch diesem Angriff standhält. Umgehend lässt der Teufel von Eskel ab, fliegt empor und fixiert Moraven. Dieser hat sich, im Gegensatz zu mir nicht unsichtbar gemacht. Er starrt das Wesen entsetzt an. Offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, dass die beschworene Wand unseren Gegner nicht daran hindern würde ihn umgehen anzugreifen. Sofort ist der Teufel über ihm. Angsterfüllt flieht Moraven zurück in die Burg. Doch er ist zu langsam, sein Verfolger bleibt ihm dicht auf den Fersen und beißt nach seinem Opfer. Der Barde erreicht das Erdgeschoss schwer verletzt, doch wohin soll er sich retten? Wer kann dieses Wesen stoppen? Er stürmt blindlings den Gang entlang. Dann rauscht der Stachel des Teufels heran, erwischt Moraven zwischen den Schulterblättern, er kommt ins Straucheln und geht mit einem erstickten Schrei zu Boden.
Ich bin direkt hinter ihnen, doch der Knochenteufel schirmt mich von meinem Freund ab. Das Ungeheuer wird Moraven im nächsten Moment den Todesstoß geben. Wie ihn retten ohne vom Teufel auf der Stelle erledigt zu werden? Queezle spürt meine Angst und springt aus der tiefen Tasche meines Umhangs. Ich überlege nicht lange und übertrage einen Berührungszauber auf sie. Sofort huscht sie flink zwischen den knochigen Beinen der Bestie auf den am Boden liegenden Moraven zu, doch der Osyluth ist aufmerksam. Eine Klaue erwischt das Wiesel und reißt ein großes Stück des Fells aus ihrem Leib. Trotz der klaffenden Wunde erreicht sie Moraven, woraufhin dieser vor den Augen des Teufels verschwindet.
Der Kampfeslärm hat die Wachen auf den Plan gerufen. Sie eilen aus ihren Schlafsälen herbei, sehen ihren Fürsten noch für einen Moment verwundet am Boden liegen und stellen sich dem Teufel entgegen. Doch sie können nichts gegen ihn ausrichten, werden von seinen Klauen und dem peitschenden Schwanz niedergemetzelt. Ich drücke mich an die Wand und schiebe mich langsam vorbei an der Kreatur hin zu Moraven. Die verletzte Queezle kauert neben ihm. Ich gebe ihr ein Signal, will sie außer Gefahr bringen. Sie huscht auf mich zu, setzt zu einem Sprung an, doch im letzten Augenblick fährt der Stachelschwanz des Knochenteufels auf sie nieder und zerteilt die geliebte Vertraute vor meinen entsetzten Blicken. Den Soldaten ergeht es nicht besser. Mutig treten sie dem Scheusal entgegen, doch einer nach dem anderen bezahlt dies mit seinem Leben. Zu seinen Füßen stapeln sich bereits die Leichen, doch immer mehr stürzen heran und folgen ihren Kameraden. Mit Tränen in den Augen wirke ich einen Schmieren-Zauber und taste nach Moraven, bekomme ihn zu fassen und bedecke seinen Körper mit einer glitschigen Masse. Dann ziehe ich ihn außer Reichweite des Teufels, flöße ihm einen Heiltrank ein und helfe ihm wieder auf die Beine. „Lauf! Bring dich in Sicherheit, raus aus der Burg!“ Er kann mich nicht sehen, scheint meine Worte trotz des Kampflärms jedoch verstanden zu haben, denn einen kurzen Moment später höre ich ihn davoneilen. Er ist schwer verletzt und zudem durch das Gift, welches seine Muskeln noch immer zu lähmen droht stark geschwächt. Somit kommt er nur langsam voran.
Als ich ebenfalls die Flucht antrete und den Hof betrete, liegen dort einige seiner Habseligkeiten versprengt herum. Offenbar hat er sich des Ballasts entledigt und das Weite gesucht. Erschöpft eile ich durch das Burgtor und schaue mich unentwegt gehetzt um. Doch vom Teufel keine Spur. Ich laufe so schnell mich meine Beine tragen, immer weiter, nur weg von der Festung, weg von dieser Bestie. Doch anstatt meine Gefährten im Eber aufzusuchen, laufe ich zum Zeltlager von Mareens Söldnertruppe. Dort angekommen bitte ich die zwei wachhabenden Männer in einer ihrer Behausungen für diese Nacht Zuflucht zu finden. Sie sind verwundert über meine seltsame Bitte, fangen an Fragen zu stellen, Fragen, welche ich in meinem Zustand unmöglich beantworten kann. Kurzerhand lasse ich Mareen wecken und bin ihr dankbar, als sie ihre Leute anweist mir etwas Ruhe zu gönnen.
Zweiundzwanzigste Sitzung am Samstag, den 23. September in Frankfurt.
Mit Tobi, Miles, Lena, Dominik, Lucas, Toni und mir.
1. Eine Brücke über den Gudrin
Als wir in Narlgaard eintreffen, um den Hohen Rat von unseren Beobachtungen zu unterrichten, sind Eskel und Kesten bereits zurück. Ihnen ist es gelungen etwa zwei Dutzend Soldaten anzuwerben, welche von nun an in der Hirschfeste eine kleine stehende Truppe bilden sollen. Diese, so der Plan, wird in den kommenden Monaten aufgestockt werden. Wir erinnern uns an ein Angebot von Rickert von Hohenschwur. Der Ritter bot an einen Schrein des Gorum, der Gottheit des Krieges, in Narlgaard zu errichten, doch damals lehnten wir das Angebot ab. Nun, da wir erste militärische Ambitionen hegen, lassen wir ihm ein Schreiben zukommen, um in Erfahrung zu bringen, ob wir seine Dienste noch in Anspruch nehmen können. Weil seit einigen Wochen das Amt, welches Karosh im Rat Riviens ausübte, unbesetzt ist, beratschlagen wir wer für diesen Posten geeignet wäre. Übereinstimmend beschließen wir Grunda Holler zu fragen, ob sie dem Rat Riviens als Hüterin des Gesetzes beitreten möchte. Ohne Bedenkzeit in Anspruch zu nehmen, stimmt sie bereitwillig zu und schließt somit die Lücke in unseren Reihen. Ab sofort obliegt ihr die Aufgabe über die Einhaltung der Gesetze zu wachen und kriminellen Energien entschlossen entgegen zu treten. Auch leiten wir die bei der Volksversammlung angekündigte Gründung einer neuen Siedlung in die Wege. Sie soll an der Straße zwischen Narlgaard und dem Handelsposten, am Ufer des Dorn am Rande der Narlmark errichtet werden. Somit bietet sie sowohl den Arbeitern in den Steinbrüchen und der Mine, sowie den Holzfällern im Wald ein zu Hause. In den nächsten Tagen wird mit dem Bau erster Wohnhäuser und eines Wirtshauses begonnen. Wir taufen die neue Siedlung auf den Namen Dornbrück.
All jene Vorbereitungen haben erneut einige Tage in Anspruch genommen. Doch die erschreckenden Nachrichten von Hragulgas Truppe beschäftigt uns unentwegt. Wir wissen, dass etwas unternehmen werden muss, haben aber seither keine Informationen mehr über den Aufenthaltsort der Wilden erhalten. Als wir soeben beschlossen haben ein weiteres Mal Kundschafter auszusenden, kehrt die Söldnergruppe um Mareen von ihrem Erkundungsauftrag mit alarmierenden Neuigkeiten zurück. Südlich von Narlgaard, keinen Tagesritt entfernt, ist ein gutes Dutzend Orks damit beschäftigt eine massive Holzbrücke über den Gudrin zu errichten. Hinter dieser wurde bereits eine kleine Befestigungsanlage fertiggestellt. Bewacht wird der Ort zudem von einigen Wölfen. Da der schmale Fluss problemlos passiert werden kann, schließen wir aus Mareens Bericht, dass die Brücke in erster Linie eine Überfahrt der Katapulte ermöglichen soll, welche die Trolle mitführten. Die Orks scheinen mit ihnen zusammenzuarbeiten. Doch Trolle wurden von den Söldnern nicht gesichtet. Wir danken Mareen für die Warnung und natürlich auch für das sorgfältig angefertigte Kartenmaterial, an welchem sie den Standort der Orks genau darlegen kann und versprechen uns sofort um diese Angelegenheit zu kümmern. Die Söldneranführerin bitten wir mit ihrer Truppe unterdessen in der Nähe Narlgaards zu bleiben. Sollte es zu einem unerwarteten Angriff in unserer Abwesenheit kommen, ist es unerlässlich, dass einige fähige Kämpfer vor Ort sein.
Zu unserer Überraschung entschließen sich auch Moraven und Layra uns zu begleiten. Sie unternahmen in den vergangenen Monaten keine Expeditionen in die Wildnis, um für Stabilität und Kontinuität im Reich zu sorgen. Moraven will sich ein Bild der Lage machen und auch die Hilfe von Layra und dem Greifen Finnvarra könnte, sollte es zu einem Kampf mit Hragulkas Trollen kommen, von Nöten sein. Auf unserem Ritt gen Süden werden wir bereits einige Meilen vor der erwarteten Ankunft am Orklager durch Wolfsgeheul überrascht.
Finnvarra, welcher bislang nicht am Himmel über uns kreiste, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, schwingt sich hastig in die Lüfte und teilt Layra mit, dass wir aufgespürt worden sind. Wir springen von unseren Pferden und machen uns kampfbereit, als schon im nächsten Augenblick fünf Orks auf dem Rücken von Schreckenswölfen die Hügel hinab auf uns zu reiten. Einer von ihnen, anscheinend ihr Anführer, hält sich etwas im Hintergrund und wirkt zu meinem Erstaunen einen Zauber, vergleichbar mit meinem Hast-Zauber. Auch Moraven ist dies nicht entgangen. Er fixiert den Anführer und hebt seine Arme zu einer bedrohlich wirkenden Geste. Erschrocken hält dieser kurz inne, stürzt sich aber kurz darauf ebenfalls ins Getümmel. Dabei grunzt er unablässig. Zunächst hielten wir dies für eine gewöhnlich, widerwärtige Angewohnheit des Orks, aber es scheint, als versuche er damit seine Mitstreiter anzutreiben. Da wir glücklicherweise nicht völlig unvorbereitet sind, fallen die zwei Angreifer in vorderster Front binnen Sekunden. Eskel erschlägt den ersten Wolf und seinen Reiter mit zwei gezielten Hieben und das Tier, welches Magni anspringt, bekommt dessen Hammer in die Flanke. Als hinter dem Reiter des Tieres plötzlich ein von Layra beschworenes Schwert erscheint, wird der unvorbereiteten Gegner mit einem beherzten Stich in den Rücken aufgespießt.
Unterdessen versuche ich den zauberwirkenden Anführer aufzuhalten, indem ich ihn in eine Wolke aus glitzerndem Staub hineinreiten lasse. Erschrocken hört er auf diese absonderlichen Laute von sich zu geben, wird von meinem Zauber aber nicht aufgehalten. Ein weiterer Ork, welcher ebenfalls von der Wolke erwischt wurde, schreit vom Staub geblendet auf und fällt vom Rücken seines Reittiers. Eskel wird von einem herannahenden Schreckenswolf angesprungen und mit zu Boden gerissen. Sofort eilt dem Alchemisten ein ebenfalls von Layra beschworener Adler zu Hilfe, welcher im Sturzflug den Wolf attackiert. Dieser schnappt nach dem Raubvogel, verfehlt ihn aber um Haaresbreite. Somit hat Eskel genug Zeit sich wieder auf die Beine zu kämpfen und gemeinsam mit dem aggressiven Vogel bringen sie auch jenen Wolf zur Strecke. Sein Reiter kippt unbeholfen von dessen Rücken und wird umgehend von Magnis Hammer zermalmt.
Einer der Angreifer hat es unterdessen geschafft an den Nahkämpfern vorbei zu uns Zauberwirkern vorzudringen. Indem Moraven den Boden vor mit einem schmierigen Belag bedeckt, rutscht der Wolf bei seinem Angriff jedoch weg. Blitzschnell kommt er wieder auf die Beine und schnappt nach Layra. Der Schwertstreich des Orks verfehlt die Halb-Elfe nur knapp, doch dann eilen ihre beschworenen Kreaturen zur Hilfe. Der Adler krallt sich in die Haare des Orks und pickt ihm ein Auge aus, woraufhin das Scheusal jämmerlich aufheult. Sein Reittier kann blitzschnell reagieren, als ich beide in eine Grube stürzen will. Magni bricht dem Tier die Hinterläufe und der Wolf fällt zu Boden. Der noch immer kreischende Reiter kippt von seinem Rücken und fällt hinab. Mit einem dumpfen Aufschlag ersterben die Schreie.
Bei dem letzten verbleibenden Gegner handelt es sich um den Orkanführer. Hektisch blickt er sich um, doch keiner seiner Mitstreiter ist noch am Leben und auch sein Reittier wurde bereits erschlagen, wodurch eine Flucht aussichtlos erscheint. Eingeschüchtert fleht er um Gnade. Langsam gehe ich auf ihn zu und gebiete ihm in seiner Sprache: „Mach deine Taschen leer, wirf alles auf den Boden. Du brauchst die Dinge nicht, die schwer am Mantel ziehen.“ Ohne zu zögern kommt er meiner drohenden Aufforderung nach. Ich stelle ihm einige Fragen, die er umgehend beantwortet. Er nennt sich Grum der Schlachtensänger und ist Teil der Gruppe, welche von einem Troll namens Tark, dem Anführer des Stammes, den Befehl erhalten habe eine Brücke über den Gudrin zu bauen. Diese ist nun fast fertiggestellt und ein einfacher Wall ist ebenfalls bereits errichtet worden. Ihnen wurde für diese Arbeit Gold versprochen, zu welchem Zweck die Brücke gebraucht werde, weiß er nicht. Was nun mit ihm anfangen, mit dieser Frage wende ich mich an meine Freunde. Auch sie sind etwas ratlos, doch dann wird vorgeschlagen ihn als Spitzel gegen seine eigenen Leute zu verwenden. Kurz überlege ich, wie ich den Ork zu etwas Derartigem überreden kann und beginne ihm zu schmeicheln. Doch er antwortet aufbrausend und unbesonnen. „Natürlich weiß ich, was die Trolle vorhaben. Die wollen diese Rivas verjagen. Richtig so, diese widerwärtigen Eindringlinge!“ Ich versuche es ein zweites Mal, doch als er auch dann den Ernst der Lage nicht zu begreifen scheint und noch immer vom Kampf gegen unser Fürstentum spricht, trete ich ihm entgegen und ziehe das Wakizashi. „Wir sind die Rivas.“ Mit einem gezielten Stich durchbohre ich seinen Hals, bevor er begreift wie ihm geschieht. Seine letzten gurgelnden Worte kann auch ich nicht mehr verstehen.
Moraven ist etwas geschockt von meinem harten Durchgreifen, aber Eskel nickt zustimmend. Er und Magni entsorgen die Leichen im Fluss, während wir uns auf die Suche nach den fortgelaufenen Pferden machen. Schnell sind alle eingefangen, nur von Jabor fehlt jede Spur. Erst als Layra sich erbarmt und mir bei der Suche nach meinem treuen Begleiter hilft, finde ich es wieder. Nach einiger Zeit kehrt auch Ava zurück. In Gestalt eines Vogels spionierte sie das Orklager aus, ohne von dem soeben gefochtenen Kampf etwas mitbekommen zu haben. Doch sie hat interessante Informationen für uns. Die Brücke sei tatsächlich fast fertiggestellt, aber noch immer arbeiteten einige Orks an der Holzkonstruktion. Hinter der Brücke wurden etwa drei Meter hohe Palisaden errichtet. Ein Fallgitter verhindert das schnelle Eindringen von Feinden. Der Wall schützt ein Zeltlager der Orks, in welchem sie aber keine weiteren Wölfe gesichtet habe. Ein frontaler Angriff scheint unklug zu sein. Deutlich einfacher wäre es den Gudrin zu passieren und das Lager von hinten anzugreifen. Womöglich können wir sogar unbemerkt eindringen und haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Da es aber bereits zu dämmern beginnt und wir den Orks in der Dunkelheit unterlegen sind, beschließen wir den Angriff auf den nächsten Morgen zu verschieben. Im Schutze eines Hügels lassen wir uns nieder auf und verbringen dort eine ruhige Nacht.
Mit den ersten Sonnenstrahlen machen wir uns auf den Weg und überqueren den Fluss. Durch die Zauber von Moraven, Ava und mir können wir ungesehen, ungehört und zudem völlig geruchslos in das Feindeslager vordringen. Aus dieser perfekten Deckung heraus greifen wir an. Moraven stimmt eines seiner Lieder an, Layra beschwört einen Raubvogel und ich spanne ein Netz aus dicken, klebrigen Fäden, versperre damit den Weg der Arbeiter durch das Tor und verhindere somit, dass wir schnell in Unterzahl geraten. Magni hat bereits einem er Orks den Schädel zertrümmert, sich dabei aber einige Meter von der Gruppe entfernt. Drei der Orks kommen auf ihn zugelaufen, wobei einer von ihnen seine Kameraden mit einem Segen belegt und ein weiterer den Zwerg in magische Dunkelheit hüllt. Neben diesen beiden Adepten, scheinen aber keine weiteren Zauberwirker unter den Orks zu sein.
In dem Augenblick als Ava einen Ork mit ihren Blitzen niederstreckt, wird auch sie wieder sichtbar. Sofort stürzen zwei weitere auf die Halblingsdame zu und stoßen ihre Schwerter nach ihr. Ich eile meiner schwer Verletzen Gefährtin zu Hilfe und lasse sie verschwinden. Irritiert starren die zwei einen Moment zu lange ins Leere. Eskel taucht hinter ihnen auf und stößt den zwei Orks sein Schwert in den Rücken. In der Zwischenzeit hat Layra bereits einige weitere Adler und Schwerter beschworen, welche die Orks in die Zange nehmen.
Von Magni hören wir nur einige zornige Ausrufe. Er ist weiterhin von einer dunkeln Wolke umgeben. Seine zwei Gegner haben ihm mittlerweile einige Verletzungen zugefügt, beide Arme sind blutüberströmt. Dann beginnt sich etwas in einem Zelt neben ihm zu bewegen. Etwas Großes bahnt sich seinen Weg nach draußen, die kleine Behausung wird zur Seite gerissen und zum Vorschein kommt ein Troll, in beiden Händen je ein Schwert haltend. Aber auch von dem plötzlichen Auftauchen des Trolles bekommt außer dem Zwerg niemand etwas mit.
Die Orks, welche mit den Arbeiten an der Brücke beschäftigt waren, sind mittlerweile auf die Palisaden geklettert und bewerfen uns mit ihren Wurfspeeren. Ava schützt uns durch einem Windwall vor weiteren Geschossen, woraufhin beide knapp an der unsichtbaren Halblingsdame vorbei in den Kampf stürzen. Dort werden sie von Layras Adlern empfangen. Hilflos hacken die Orks nach den Vögeln, können aber nur einen der Vögel in zwei Teilen und werden von ihren Krallen der verbliebenen zerfleischt. Ich fliege derzeit über dem Kampfgeschehen und versuche unseren Zwerg zu erspähen. Vom dunkeln Fleck am Rande des Kampfgeschehens verborgen, kann ich ihm aber nicht helfen. Stattdessen versuche ich einem der Adepten mit einer Wolke aus Glitzerstaub das Augenlicht zu nehmen. Der Versuch misslingt und unglücklicherweise kommt der bislang unsichtbare Moraven dadurch zu Vorschein. Von funkelndem Staub bedeckt erscheint er inmitten des Kampfgetümmels und unterbricht erschrocken sein Lied.
Der Hauptmann hat Eskel mittlerweile in einen heftigen Kampf verwickelt. Die beiden liefern sich einen heftigen Schlagabtausch und als der Alchemist einen Treffer landet und seinen Gegner zum Straucheln bringt, wird dieser sofort von einem Zauber des Adepten geheilt. Währenddessen sieht sich der angeschlagene Magni nicht mehr lediglich zwei Orks, sondern zusätzlich einem Troll entgegen. Doch anstatt zu fliehen, fällt er die beiden Orks mit kräftigen Hieben. Da an Stelle der Gefallenen sofort ein weiterer Ork auftaucht und der Riese sich mit seinen Waffen auf den Zwergen stürzt, nimmt dieser Reiß aus. Doch beide Schwerter treffen ihr Ziel. Wir sehen unseren Freund plötzlich aus der Dunkelheit stürmen, Angstschweiß auf der Stirn, die Augen weit aufgerissen, eine klaffende Wunde am Bein. Er läuft einige Meter, strauchelt, bricht keuchend zusammen und bleibt an Ort und Stelle liegen.
Sofort beschwöre ich eine Grube inmitten der magischen Dunkelheit, da ich dort weitere Feinde vermute. Zusätzlich wühle ich mit einem Zauber den Untergrund auf und versuche die so verstrickten Kreaturen in die Tiefe zu stürzen. Ein Schrei aus der Dunkelheit lässt mich erahnen, dass diese Strategie erfolgreich war. Als einer der Orks inmitten von Avas Flammenkugel verbrennt, ist nur noch der Hauptmann am Leben. Panisch flieht dieser und im ersten Moment scheint niemand im Stande ihn zu verfolgen. Doch er hat seine Rechnung ohne Layra gemacht. Mit einer blitzartigen Geste schickt sie ihm eine Waffe des Glaubens hinterher, welche den Flüchtigen zur Strecke bringt.
Magni wird sofort von Ava geheilt, während wir uns in die Dunkelheit vorwagen. Deren Ursprung ist schnell entdeckt. Ein Schwert wurde mit einem entsprechenden Zauber belegt. Als wir es beiseiteschaffen erblicken wir am Boden der Grube zwei tote Orks. Zudem bemerken wir, dass in einem abgerissenen Zelt ein Gang unter die Erde führt. Als Magni wieder zu Bewusstsein kommt, warnt er uns vor einem Troll, welcher ihn angegriffen hat und sich sicherlich dort unten versteckt halte. Wir sehen nach, doch dort befindet sich keine Kreatur. Der Zwerg beharrt jedoch darauf von einem Troll attackiert worden zu sein und nach kurzer Zeit bestätigt Layra uns, dass Finnvarra die Fährte eines solchen aufgenommen habe. Scheinbar hat dieser einen Unsichtbarkeitstrank zu sich genommen und das Weite gesucht.
Während der Greif versucht die Spur zu verfolgen, finden wir einige Tränke bei den Orks und in der Behausung des Trolls, welche wir unter uns aufteilen. Die Waffe des Hauptmanns, einen magischen Krummsäbel, nimmt Eskel an sich. Während er sich mit Magni daran macht die Brücke niederzureißen, kehrt Finnvarra zurück. Er konnte den Troll in einiger Entfernung entdecken, dieser flieht jedoch in Richtung des Waldes. Da wir ihn nicht einholen können, müssen wir ihn ziehen lassen. Nachdem die Brücke zerstört, das Lager niedergebrannt ist und die Leichen im Fluss entsorgt sind, begeben wir uns wieder auf den Heimweg. Die Orks konnten wir besiegen, ihr Lager und die Brücke zerstören und damit das Überqueren des Flusses mit schwerem Belagerungsgerät zeitweise verhindern. Doch die Trolle sind weiterhin dort draußen. Wir kennen weder ihren Standort, noch wissen wir genaueres über ihre Pläne.
2. Unbekannte Mächte
Wenige Meilen vor Narlgaard ereilt uns eine beängstigende Nachricht. Finnvarra berichtet, dass mit Ausnahme von wenigen Soldaten, keine Menschenseele auf den Straßen zu sehen sei. Beunruhigt treiben wir unsere Pferde an. Was mag geschehen sein? Wir werden von Tabor, einer Stadtwache begrüßt und über die jüngsten Ereignisse unterrichtet. In der letzten Nacht ist Gustav Svanson, der Hohepriester Narlgaards und Mitglied des Hohen Rates, zu Tode gekommen. Er wurde am Morgen in seinem Schlafgemach ermordet aufgefunden. Daraufhin sei von den restlichen anwesenden Ratsmitgliedern eine Ausgangssperre verhängt worden. Die Bewohner Narlgaards sind verunsichert, die Neuigkeit um den gewaltsamen Tod des Erastil-Priesters hat sich schnell herumgesprochen. Wir lassen uns von Grunda Holler zur Wohnung Gustavs führen. Die Tür sei verschlossen gewesen und musste von Tabor gewaltsam geöffnet werden. Von dem Mörder fehlt jegliche Spur. Vater Grigori habe umgehend den Leichnam konserviert, der Tatort ist weitestgehend unberührt. Lediglich eine Rune, welche über dem Toten geschwebt habe sei gebannt worden. Sie enthielt eine eindrückliche Aufforderung: „Verschwindet aus dem Grüngürtel“ Eskel erschrickt, eine ganz ähnliche Aussage klingt ihm noch in den Ohren „Der Grüngürtel erhebt sich. Verschwindet so lange ihr noch könnt.“ Dies waren die Worte des alten Druiden. Aber sieht das nach der Handschrift Raifs aus? Wäre der Druide tatsächlich in der Lage einen solchen Mord zu begehen oder zu befehlen? Und dazu noch an einem Erastil-Anhänger. Das scheint doch eher unwahrscheinlich. Doch bevor wir Verdächtigungen und der Suche nach dem Übeltäter nachgehen, versuchen wir erst einmal die Spuren vor Ort genau unter die Lupe zu nehmen.
Finnvarra kann leider keine Fährte aufnehmen. Eskel schließt anhand von Beschädigungen an der Decke, dass es sich bei dem Mörder um eine große Kreatur handeln muss. Anhand der Verletzungen ist von einem kurzen Todeskampf auszugehen. Gustav schien keine Chance gehabt zu haben. Eine Blutprobe verrät, dass ihm ein Gift injiziert wurde, welches ihn vermutlich stark schwächte oder gar lähmte. Layra gibt wertvoll Hinweise und so kann die Herkunft des Giftes eingegrenzt werden. Anscheinend gibt es Teufel, welche ihre Opfer auf diese Weise töten. Anhand der Wunde fällt der Verdacht auf einen Osyluth, einen Knochenteufel. Mit seinem skorpionähnlichem Schwanz könnte er Gustav tödlich verwundet und zugleich vergiftet haben. Unsere Recherchen bekräftigen diesen Verdacht. Osyluth sind große Kreaturen, können fliegen, sich unsichtbar machen und teleportieren. Das würde auch erklären, wie sich der Mörder Zutritt zu Gustavs Zimmer verschafft hat.
Ein Teufel, welcher Narlgaard heimsucht und Mitglieder des Hohen Rates brutal abschlachtet? Wir scheinen mächtige Feinde zu haben, Feinde in der Lage sind derartige Kreaturen zu beschwören und zu kontrollieren. Aber wer mag das sein? Wer hegt einen solchen Hass gegen uns? Neben Raifs fällt der Verdacht auch auf Lucretia. Ihr Verschwinden hat uns so einige Rätsel aufgegeben und ganz offensichtlich scheint sie über große Fähigkeiten und Wissen zu verfügen, welches ihr ermöglicht andere Ebenen zu bereisen. Könnte sie den Teufel aus der Hölle beschworen haben? Aber uns fehlt ein plausibles Motiv. Oder handelt es sich bei unseren Widersachern um Neider aus Brevoy, den Flusskönigreichen oder gar um den Konkurrenten Drelew hier im Grüngürtel? Wer könnte noch ein Interesse daran haben uns Schaden zuzufügen? Die alte Hexe, Verbündete oder Auftragsgeber des mysteriösen Denunzianten oder der Rabenorden? Bisher hatte ich stets das Gefühl freundschaftliche Beziehungen zu unseren Nachbarn zu pflegen, doch je mehr ich über den grausamen Mord nachdenke, desto feindseliger erscheint mir unser Umfeld. All die Verdächtigungen, der Hass, sie schüren nur Misstrauen und Angst und führen doch zu nichts. Wir haben keine handfesten Beweise. Nur eines wissen wir: Die Gefahr ist nicht gebannt. Der Teufel hat letzte Nacht zugeschlagen, er könnte jederzeit erneut erscheinen, ein weiteres Opfer auserwählen. Diesmal hat es Gustav erwischt, doch die eigentlichen Feinde sind doch wir, die Rivas. Somit müssen wir uns vorerst um die Frage kümmern, wie es möglich ist sich vor diesem höllischen Ungeheuer zu schützen und weitere Ermittlungen hintenanstellen.
Allen Mitgliedern des Hohen Rates wird nahegelegt die Nacht nicht alleine zu verbringen. In Absprache mit Anton Kuhlwein wurde sein Gasthof ‚Zum Eber‘ als Sammelunterkunft eingerichtet. Anfänglich sieht es so aus, als ob der gesamte Rat die Nacht im Eber verbringen wird, doch zu meiner Überraschung teilt Moraven mir mit, dass er vorhabe in der Hirschfeste zu bleiben. In einem vertraulichen Gespräch erklärt er, dass er vorhabe Gemälde von sich in all unseren Schlafkammern, dem Ratssaal und der großen Halle aufzuhängen. Mit einem Zauber könne er durch diese hindurch wahrnehmen, wenn jemand sich Zutritt zu jenen Räumen verschaffe. Dafür müsse er sich aber in der Nähe aufhalten. Er will herausfinden, ob die Kreatur tatsächlich ein weiteres Mal zurückkehrt und was diese im Schilde führt. Ein gewagtes Unterfangen, sollte der Mörder ihn aufspüren ist Moraven diesem hilflos ausgeliefert. Wir unterrichten Layra, Ava und Eskel vom Plan des Fürsten. Ava und Layra wollen im Gasthof übernachten, Eskel und ich beschließen bei Moraven zu bleiben.
Nachdem jedes Zimmer mit einem Abbild des Fürsten geschmückt wurde, beziehen wir Stellung in einer kleinen Vorratskammer. Wir sind erschöpft. Erst der Kampf gegen die Orks, dann der Ritt durch die Raublande und schließlich die schrecklichen Neuigkeiten in Narlgaard. An die kalte Steilwand gelehnt sitzen wir in dem beengten Raum. Während Eskel und ich Moraven im Blick behalten, der während seiner geistigen Ausflüge bewusstlos an einem Regal lehnt, knabbern wir nervös an einem Stück Käse. Es vergehen zwei, vielleicht drei Stunden, in denen nichts geschieht, doch plötzlich schreckt Moraven hoch. Er meint im Ratssaal ein Geräusch wahrgenommen zu haben. Dann verlässt sein Geist erneut seinen Körper und wir starren auf unseren reglosen Fürsten. Während wir ratlos dasitzen, schlüpft Moraven in ein Gemälde nach dem anderen. Aber in der Ratskammer ist es still geworden und auch in Layras Zimmer ist nichts zu sehen. Doch was war das? Er meint etwas aus dem nebenliegendem Raum gehört zu haben. Als er die Augen seines Abbildes aufschlägt, welches er eben wenige Stunden zuvor in den eigenen Gemächern aufgehängt hat, sieht er wehenden Vorhänge. Dann das Geräusch einiger schwerer Schritte und plötzlich wird die Bettdecke durch die Luft geschleudert. „Halt!“ Moraven spricht das unsichtbare Wesen direkt an. Dieses erschrickt offenbar, er hört hektische Schritte, dann ist es still.
Moravens Körper erwacht wieder zum Leben. In knappen Sätzen berichtet er von dem versuchten Anschlag gegen ihn. Noch bevor er geendet hat ist Eskel aufgesprungen und teilt uns in mit nach oben eilen und nachsehen zu wollen. Im Hinausgehen trinkt er eines seiner Elixiere, woraufhin er unsichtbar wird. Ich bleibe allein zurück, denn Moravens Geist ist ebenfalls wieder entschwunden, um weiter zu spionieren. Als Eskel vor der Tür zur Ratskammer angelangt ist, tritt er leise ein. Zunächst meint er alleine zu sein, doch dann vernimmt er unmittelbar neben sich ein tiefes Knurren. Erschrocken hält er die Luft an, bleibt regungslos stehen. Ein Windhauch, das Flackern der Fackeln, um ihn herum scheint sich etwas zu bewegen. Von einem Moment auf den anderen packt ihn die Angst, er kann sich nicht länger beherrschen und rennt panisch aus dem Raum ins Freie. Er kann seinen Verfolger hören, direkt hinter ihm. Ein unsichtbarer Mörder jagt sein unsichtbares Opfer. Plötzlich erscheint aus dem Nichts, direkt vor Eskel eine Wand aus Eis. Sie ragt von einer Seite der Plattform bis zur anderen. Sein Fluchtweg wurde versperrt.
Moraven schreckt erneut hoch. „Er ist in Schwierigkeiten!“ Wir zögern keinen Augenblick, springen auf und stürmen aus der Vorratskammer nach oben. Eskel kommt kurz vor der Wand zum Stehen. Gehetzt blickt er sich um. Weder ein Sprung in die Tiefe, noch ein Kampf gegen seinen Verfolger scheinen erfolgsversprechend. Da die Wand nicht sonderlich stabil aussieht, wirft er kurzerhand eine seiner Bomben dagegen. Als diese explodiert fliegen einige Splitter umher, doch das Eis bricht nicht. Im nächsten Moment spürt Eskel, dass etwas nach ihm peitscht und ihn nur um Haaresbreite verfehlt. Vor ihm steht der Teufel, ein Skelett mit einem riesigen, knöchernen Schwanz, welcher in einem großen Stachel endet. Seinem Rücken entspringen ledrige, zerfetzte Schwingen und in den Augenhöhlen brennen zwei gelbe Bälle, welche die Umgebung nach dem Alchemisten absuchen. Eskel rennt am Teufel vorbei in Richtung der Ratskammer, doch noch bevor er diese erreichen kann, wird abermals der Weg von einer Eiswand blockiert. Der Knochenteufel kann Eskel zwar nicht sehen, doch aufgrund der Geräusche und des leichten Regens ist auszumachen, wo Eskel sich befindet. Der stachelbesetzte Schwanz verfehlt, aber eine der Klauen trifft ihn in die Seite. Doch er gibt seine Deckung nicht auf, greift nicht an, sondern versucht sich durch einen Schild- und einen Heiltrank zu schützen.
Als wir die oberste Ebene der Hirschfeste erreichen stehen wir vor einer Wand aus Eis. Dahinter erkennen wir verschwommen eine Kreatur, von Eskel fehlt jede Spur. Mit fester Stimme ruft Moraven dem Wesen auf der anderen Seite der Wand entgegen „Hier bin ich, der den ihr sucht.“ und schmettert einen Scherbenakkord gegen das Eis, welches jedoch auch diesem Angriff standhält. Umgehend lässt der Teufel von Eskel ab, fliegt empor und fixiert Moraven. Dieser hat sich, im Gegensatz zu mir nicht unsichtbar gemacht. Er starrt das Wesen entsetzt an. Offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, dass die beschworene Wand unseren Gegner nicht daran hindern würde ihn umgehen anzugreifen. Sofort ist der Teufel über ihm. Angsterfüllt flieht Moraven zurück in die Burg. Doch er ist zu langsam, sein Verfolger bleibt ihm dicht auf den Fersen und beißt nach seinem Opfer. Der Barde erreicht das Erdgeschoss schwer verletzt, doch wohin soll er sich retten? Wer kann dieses Wesen stoppen? Er stürmt blindlings den Gang entlang. Dann rauscht der Stachel des Teufels heran, erwischt Moraven zwischen den Schulterblättern, er kommt ins Straucheln und geht mit einem erstickten Schrei zu Boden.
Ich bin direkt hinter ihnen, doch der Knochenteufel schirmt mich von meinem Freund ab. Das Ungeheuer wird Moraven im nächsten Moment den Todesstoß geben. Wie ihn retten ohne vom Teufel auf der Stelle erledigt zu werden? Queezle spürt meine Angst und springt aus der tiefen Tasche meines Umhangs. Ich überlege nicht lange und übertrage einen Berührungszauber auf sie. Sofort huscht sie flink zwischen den knochigen Beinen der Bestie auf den am Boden liegenden Moraven zu, doch der Osyluth ist aufmerksam. Eine Klaue erwischt das Wiesel und reißt ein großes Stück des Fells aus ihrem Leib. Trotz der klaffenden Wunde erreicht sie Moraven, woraufhin dieser vor den Augen des Teufels verschwindet.
Der Kampfeslärm hat die Wachen auf den Plan gerufen. Sie eilen aus ihren Schlafsälen herbei, sehen ihren Fürsten noch für einen Moment verwundet am Boden liegen und stellen sich dem Teufel entgegen. Doch sie können nichts gegen ihn ausrichten, werden von seinen Klauen und dem peitschenden Schwanz niedergemetzelt. Ich drücke mich an die Wand und schiebe mich langsam vorbei an der Kreatur hin zu Moraven. Die verletzte Queezle kauert neben ihm. Ich gebe ihr ein Signal, will sie außer Gefahr bringen. Sie huscht auf mich zu, setzt zu einem Sprung an, doch im letzten Augenblick fährt der Stachelschwanz des Knochenteufels auf sie nieder und zerteilt die geliebte Vertraute vor meinen entsetzten Blicken. Den Soldaten ergeht es nicht besser. Mutig treten sie dem Scheusal entgegen, doch einer nach dem anderen bezahlt dies mit seinem Leben. Zu seinen Füßen stapeln sich bereits die Leichen, doch immer mehr stürzen heran und folgen ihren Kameraden. Mit Tränen in den Augen wirke ich einen Schmieren-Zauber und taste nach Moraven, bekomme ihn zu fassen und bedecke seinen Körper mit einer glitschigen Masse. Dann ziehe ich ihn außer Reichweite des Teufels, flöße ihm einen Heiltrank ein und helfe ihm wieder auf die Beine. „Lauf! Bring dich in Sicherheit, raus aus der Burg!“ Er kann mich nicht sehen, scheint meine Worte trotz des Kampflärms jedoch verstanden zu haben, denn einen kurzen Moment später höre ich ihn davoneilen. Er ist schwer verletzt und zudem durch das Gift, welches seine Muskeln noch immer zu lähmen droht stark geschwächt. Somit kommt er nur langsam voran.
Als ich ebenfalls die Flucht antrete und den Hof betrete, liegen dort einige seiner Habseligkeiten versprengt herum. Offenbar hat er sich des Ballasts entledigt und das Weite gesucht. Erschöpft eile ich durch das Burgtor und schaue mich unentwegt gehetzt um. Doch vom Teufel keine Spur. Ich laufe so schnell mich meine Beine tragen, immer weiter, nur weg von der Festung, weg von dieser Bestie. Doch anstatt meine Gefährten im Eber aufzusuchen, laufe ich zum Zeltlager von Mareens Söldnertruppe. Dort angekommen bitte ich die zwei wachhabenden Männer in einer ihrer Behausungen für diese Nacht Zuflucht zu finden. Sie sind verwundert über meine seltsame Bitte, fangen an Fragen zu stellen, Fragen, welche ich in meinem Zustand unmöglich beantworten kann. Kurzerhand lasse ich Mareen wecken und bin ihr dankbar, als sie ihre Leute anweist mir etwas Ruhe zu gönnen.
Zweiundzwanzigste Sitzung am Samstag, den 23. September in Frankfurt.
Mit Tobi, Miles, Lena, Dominik, Lucas, Toni und mir.